Investieren und zugleich die Liquidität sichern. Umstrukturieren und dabei das Alltagsgeschäft am Laufen halten. Den Service verbessern und die Kosten im Griff behalten. Ständig befinden sich Unternehmen in solchen Zielkonflikten. Das Führungspersonal muss lernen, derartige Dilemmas zu managen. Von Hans-Werner Bormann Mal heißt es so, dann wieder anders« – diese Klage ist oft von Mitarbeitern zu hören. Sie wissen nicht, woran sie sind, und kritisieren, dass ihre Führungskräfte »keinen Plan« haben und sie mit stets wechselnden Vorgaben ganz »kirre« machen. Diese Klagen haben oft einen realen Hintergrund: Bei schwachen und noch recht unerfahrenen Führungskräften registriert man oft, dass sie recht planlos agieren und ihre Mitarbeiter mit permanent wechselnden und sich teils widersprechenden Anweisungen »führen« – oder genauer gesagt »irritieren«. Meist liegt solchen Klagen von Mitarbeitern jedoch ein Problem zugrunde, mit dem Führungskräfte aller Führungsebenen regelmäßig kämpfen: Sie stehen beim Führen des ihnen anvertrauten Unternehmens oder Bereichs vor der Herausforderung, nicht nur ein Ziel, sondern ein ganzes Bündel von sich zum Teil widersprechenden Zielen erreichen zu müssen. Und weil die Rahmenbedingungen sich permanent ändern, müssen sie, um den angestrebten Erfolg zu sichern, bei der Alltagsarbeit immer wieder die Prioritäten verschieben. Das erzeugt bei den Mitarbeitern zuweilen das Gefühl »Unser Chefs wissen selbst nicht, was sie wollen« – zumindest dann, wenn ihnen ihre Vorgesetzten den scheinbaren »Kurswechsel« nicht ausreichend erklären.>> Dilemmas sind nicht lösbar Dilemmas managen und bearbeiten Dilemmas managen in 5 Schritten:1. Das Dilemma erkennen. Bereits dies fällt den Beteiligten in den Unternehmen oft schwer. Den Top-Entscheidern häufig, weil sie zu wenig ins Alltagsgeschäft des Unternehmens involviert sind und nicht adäquat einschätzen können, was gewisse Entscheidungen für die Organisation bedeuten. Die Führungskräfte auf der Bereichs- und Abteilungsebene haben das Problem, dass sie bei ihrer Arbeit nur ihren eigenen Aufgabenbereich vor Augen haben und ihnen nicht ausreichend bewusst ist, was zudem nötig ist, damit das Gesamtunternehmen auf Dauer mit Erfolg arbeitet.2. Das erkannte Problem nicht negieren. Pragmatische Macher neigen oft dazu, Dilemmas zu negieren. Hinweise von Kollegen oder Untergebenen wie »Hier haben wir einen Zielkonflikt« oder »Wir könnten ein Problem bekommen, wenn …« werden als »Geschwätz« abgetan oder als Ausdruck mangelnder Entschluss- und Tatkraft interpretiert. Entsprechend aktionistisch ist oft ihr Handeln, das kurzfristig sogar meist Früchte trägt, etwa indem der Umsatz steigt. Langfristig rächt es sich aber fast immer, dass über einen längeren Zeitraum die »konkurrierenden« Ziele vernachlässigt wurden. Zum Beispiel in der Form, dass die Produkte/Leistungen des Unternehmens nicht mehr marktfähig sind, Kundengruppen wegbrechen oder Leistungsträger abwandern.3. Das Dilemma analysieren und besprechbar machen. Die meisten Ziele von Unternehmen hängen direkt oder indirekt miteinander zusammen und beeinflussen sich wechselseitig – weshalb ja die Dilemmas entstehen. Entsprechend wichtig ist es, für das Managen von Dilemmas zu analysieren: Welche Ziele haben das Unternehmen und seine Bereiche? Wie hängen diese zusammen? Und: Welchen Einfluss haben sie auf den kurz, mittel- und langfristigen Erfolg des Unternehmens? Hilfreich kann hierbei das Erstellen einer Strategielandkarte sein, in der die verschiedenen Ziele aufgelistet sind und ihre wechselseitige Beziehung abgebildet wird.4. Das Dilemma besprechen und Regeln für den Umgang mit ihm vereinbaren. Führungskräfte müssen Initiative zeigen und nachdrücklich auf den erkannten Zielkonflikt hinweisen und sich mit der Belegschaft auf eine gemeinsame Strategie verständigen. Dies ist gerade deshalb wichtig, weil die meisten Zielkonflikte in Unternehmen dem betrieblichen Handeln inhärent sind. Deshalb werden sie oft als »normal« und »nicht managbar« erachtet und so lange auf die lange Bank geschoben, bis bildlich gesprochen die Hütte brennt und nur noch ein Krisenmanagement möglich ist.5. Sich an die vereinbarten Regeln nicht sklavisch halten. Unternehmen bewegen sich in einem dynamischen Umfeld. Das heißt, die Rahmenbedingungen ändern sich permanent. Die aufgestellten Regeln zum Managen der Dilemmas müssen deshalb ständig geprüft und hinterfragt werden. In Ausnahmefällen müssen diese Regeln auch außer Kraft gesetzt werden dürfen. Etwa, wenn ein unvorhergesehenes Ereignis wie die Finanzkrise die Liquidität des Unternehmens bedroht. Dann müssen kurzfristig alle Vereinbarungen und Langfristziele zur Seite geschoben werden, weil das übergeordnete Ziel »Existenzsicherung des Unternehmens« eine andere Prioritätensetzung erfordert.