Alstom ist am heimischen Markt besonders in der Wasserkraft groß im Geschäft. Im Interview mit dem Report spricht Geschäftsführer Wolfgang Kölliker über Effizienz und Nachhaltigkeit in der Energieerzeugung. Report: Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Energieeffizienz sind längst auch Themen in der fossilen Energie bei den Energieversorgern. Welche Möglichkeiten können Kraftwerksbauer wie Alstom dazu noch bieten?Wolfgang Kölliker: Die beste Möglichkeit für umweltfreundliche Stromerzeugung sind gute Wirkungsgrade. Selbst am Kohlesektor, der in Österreich freilich derzeit keine große Rolle spielt, sind Kraftwerke mit sehr hohem Wirkungsgrad möglich. Alstom ist auch auf dem Gebiet der nachhaltigen Rauchgasreinigung Weltmarktführer – beispielsweise mit Entschwefelung, Entstaubung, CO-Katalysatoren aber auch bei den unterschiedlichen Möglichkeiten der CO²-Abscheidung, die nun zunehmend gefragt sind. Bei Gas-Kombi-Kraftwerken bietet Alstom mit unserer speziellen Technologie Wirkungsgrade von annähernd 60 Prozent. Wird ein Kombikraftwerk vernünftigerweise auch noch in der Nähe von Städten errichtet, bringt eine Fernwärmeauskoppelung – so wie in Simmering, Timelkam oder Mellach – noch höhere Wirkungsgrade, also Brennstoffausnutzung, von bis zu 90 Prozent. Mit besseren Automatisierungslösungen in der Leittechnik können dann auch die Zyklen im Anfahren und Abstellen beschleunigt werden. Report: Was können Kraftwerksbetreiber konkret tun, um die Effizienz von Gas- und Wasserkraftwerken zu steigern? Oder sind diese Potenziale in Österreich weitgehend ausgereizt?Kölliker: Potenziale dieser Art sind nie ausgereizt. Nachdem sich die Kraftwerksleistungen in der Regel im Megawattbereich bewegen, bringen selbst Wirkungsgradverbesserungen in Zehntel-Prozent-Schritten spürbare Ergebnisse. Alstom bietet bei großen Gasturbinen eine Lösung mit zwei Brennkammern, welche die Turbinen besonders teillastfähig macht. Dadurch wird es für Kraftwerksbetreiber interessant, Gasturbinen von Kombikraftwerken mit Fernwärmeauskoppelung in jenen Zeiträumen, in denen weniger Strom benötigt wird, nicht abzustellen, sondern mit weniger Leistung laufen zu lassen. Die hohen Verluste beim Wiederanfahren werden weitgehend vermieden. Diese Technologie ist weltweit bereits sehr erfolgreich, in Österreich haben wir sie noch nicht verkauft.Im heimischen Wasserkraftbereich geht es um weitere Entwicklungen in der Effizienz vor allem in Pumpspeicherkraftwerken. Die »Varspeed«-Technologie – also variable Drehzahl – bietet besonders bei großen Fallhöhenunterschieden eine optimal einstellbare Pumpleistung, was von immensem Vorteil ist. Umweltfreundliche wassergeschmierte Lager, eine geschickte Luftführung zur Kühlung im Generator oder eine günstige Lagerpositionierung bringen dann diese kleinen Effizienzverbesserungen und Energieeinsparungen, die den Wirkungsgrad insgesamt verbessern.Report: Dies ist natürlich vor allem bei Nachrüstungen interessant.Kölliker: Die heimischen Energieversorgungsunternehmen haben sich mit dem Programm »Masterplan Hydro« neben dem Neubau von Kraftwerken auch die Erneuerung der bestehenden Wasserkraftwerke vorgenommen. Durch etwa die Erneuerung der Hydraulik der Turbinen oder den Einsatz von neuen Generatoren mit einem verbesserten Wirkungsgrad kann mehr Leistung aus vorhandenen Bauwerken und Flüssen geholt werden – dies, ohne neuerliche Bauten zu errichten oder Wasserrechte erwerben zu müssen.Report: Was ist hier für den Wasserkraftsektor zu holen? Welches Leistungspotenzial kann noch abgeschöpft werden?Kölliker: 80 Prozent der Kosten eines Wasserkraftwerkes betreffen rein den Bau, der Rest wird für die elektromaschinelle Ausrüstung aufgebracht. Eine Nachrüstung mit neueren, besseren Technologien ist natürlich vor allem für ältere Kraftwerke interessant. Werden dort Turbinenräder, die oft gut 30 Jahre alt sind, getauscht und sind Generatoren mit besseren Magnetblechen und Wicklungsisolation im Einsatz, so erhöht dies die Jahresarbeitsleistung. Die Energieversorgungsunternehmen wollen bis zum Jahr 2020 insgesamt 1,5 Terawattstunden jährlich alleine durch die Modernisierung bestehender Kraftwerksanlagen gewinnen. Einige unserer laufenden Projekte dazu betreffen das Kraftwerk Gralla an der Mur – dort liefert Alstom neue Turbinenschaufeln mit einem höheren Wirkungsgrad. Im Draukraftwerk Edling wiederum wird der Generatorstator erneuert und an der Donau im Grenzkraftwerk Jochenstein erneuern wir viele Generatoren, die teilweise ans Ende ihrer Lebensdauer gelangt sind.Report: Wie sehen Sie die Möglichkeiten in der fossilen Energiegewinnung in der CO²-Einsparung und Endlagerung? Ist man hier auf dem richtigen Weg?Kölliker: Besonders in Kohlekraftwerken sind gewaltige Verbesserungen möglich. Auch hier ist die beste Art, CO² einzusparen, in der Verbesserung im Wirkungsgrad. Durch den Wechsel von herkömmlichen Kraftwerkstechnologien auf fortschrittliche 700-Grad-Dampfkraftwerke in Zukunft sind CO²-Reduktionen von bis zu 42 Prozent denkbar. Selbst das Nachrüsten von Kraftwerken auf den heutigen Stand der Technik würde eine enorme Vermeidung von Emissionen bringen. In welcher Form und an welchen Orten Kohlendioxid aber endgelagert wird, darüber scheiden sich noch die Geister. Dazu sind Erdöllagerstätten oder Salzstöcke im Gespräch – Projekte im Großen gibt es dazu aber noch nicht. Die drei österreichischen Kohlekraftwerke Dürnrohr, Mellach und Riedersbach 2 sind allerdings auf einem hohen Technologiestand. Hier sind kaum noch Verbesserungen möglich.Report: Wie entwickelt ist die Wasserkraft in Österreich? Welches Potenzial sehen Sie bei den Landesenergieversorgern?Kölliker: 38 Terawattstunden werden derzeit in Österreich aus den vorhandenen Wasserkraftwerken erzeugt. Das mögliche wirtschaftliche Potenzial – ausgenommen Standorte, die sich in Nationalparks befinden würden – sind laut einer Studie weitere 13 TWh. Die EVU wollen in den nächsten 15 Jahren ungefähr 7 TWh davon erschließen. Weiters wird ein Gewinn von rund 1,5 TWh aus Erneuerungen erwartet. Die EU-Strategie sieht ja für Österreich vor, von derzeit 23 Prozent erneuerbarer Energie auf 34 Prozent im Jahr 2020 zu kommen. Wenn man rein den Markt der Wasserkraft betrachtet, sind 40 Prozent der heimischen Großwasserkraftwerke mehr als 30 Jahre alt. Durch Verbesserung der Wirkungsgrade ist also noch einiges zu holen.Report: Was ist die Projektuntergrenze, die Sie in der Wasserkraft beliefern? Kölliker: Unter 5 MW liefern wir lediglich in Sonderfällen. So haben wir beispielsweise für den Kunden Tiwag zwei kleinere Generatoren geliefert, da bei diesem Projekt sehr hohe technische Anforderungen gestellt wurden. Ansonsten gibt es bei kleineren Aufträgen andere, kleinere Hersteller, die den Markt besser bedienen können. Im Kleinwasserkraftwerksbereich wollen die Kunden mehr oder weniger handgeschneiderte Lösungen, die für alle großen Hersteller mit ihren normierten Produkten nicht ohne weiteres umzusetzen sind.Nebenschauplatz - Wachstum in der TransporttechnikAlstom beschäftigt in Österreich derzeit rund 80 Mitarbeiter und erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von ca. 50 Mio. Euro. Der französische Konzern ist international nicht nur im Kraftwerksbau, sondern auch in der Transporttechnik groß im Geschäft. Dieses zweite Standbein gewinnt langsam, aber sicher auch in Österreich an Relevanz. Ein Auftrag für die ÖBB in der Höhe von 90 Mio. Euro wurde im Jänner unterzeichnet. Für die Bundesbahnen werden in den kommenden Jahren 449 Fahrzeuge mit dem Zugsicherungssystem ATLAS 200 ausgerüstet.