Rot-Weiß-Rote Seefahrt
- Written by Redaktion
- font size decrease font size increase font size
Österreich ist dank seiner Lage an der Donau ein Schwergewicht im Transport zu Wasser. Auch wenn die Reeder heute oft aus dem Ausland stammen.
Das Binnenland Österreich zeigt Flagge im Schiffsverkehr. Knapp eine halbe Million Fahrgäste werden jährlich auf der Donau befördert. Und auch der Frachtschiffverkehr kann sich sehen lassen: Im ersten Halbjahr 2008 wurden laut Statistik Austria rund 5,786 Millionen Tonnen Fracht über die Donau befördert. In beiden Bereichen zeigen österreichische Betriebe Flagge, bei der Fracht sind sie auf der österreichischen Donau sogar Marktführer – auch wenn sie teilweise nicht mehr österreichischen Reedern gehören.
Personenschifffahrt
Bereits 105 Kabinenschiffe sind international auf der Donau unterwegs, dazu kommen die Tagesausflügler. DDSG Blue Danube und Brandner Schifffahrt zählen zu den wichtigsten österreichischen Playern. »Unser Geschäft ist sehr stabil«, sagt Birgit Brandner-Wallner, gemeinsam mit ihrer Schwester Barbara Geschäftsführerin des niederösterreichischen Familienunternehmens Brandner. Zur Schifffahrtsgruppe der Familie zählen drei Sparten: die bekannte Schifffahrtslinie mit der MS Austria (befährt täglich die Strecke Melk–Krems und bietet auch Themenfahrten), das zweite Schiff, die MS Princess dient zum Chartern. Zweitens die Donauschiffsstationen GmbH, die als Private-Public-Partnership (PPP) mit dem Land Niederösterreich 34 Anlegestellen entlang der Donau betreibt. Und drittens der Wasserbau, der auch Schiffsbergungen durchführt und vor allem dann zum Einsatz kommt, wenn es auf der Donau eine Kollision gegeben hat; das ist der älteste Geschäftszweig.
Insgesamt segeln heute 60 Mitarbeiter unter Brandner-Flagge. »Wir haben auf der Donau viel bewegt, vor allem was die Qualität und den Service angeht«, sagt Birgit Brandner, »seit wir 1995 gestartet sind, haben sich da Welten bewegt.«
Auf neue Leistungen für den Tourismus setzt auch die DDSG Blue Danube, eine Tochter von Verkehrsbüro und Wiener Hafen: Der Twin City Liner verbindet seit einiger Zeit Wien mit Bratislava; die Tragflügelbootstrecke diente ursprünglich vor allem der Völkerverständigung, wurde aber so erfolgreich, dass die Frequenz erhöht werden musste. Vor allem ist die Blue Danube aber für ihre Ausflugsdampfer bekannt, die auf der Donaustrecke unterwegs sind und beispielsweise die bekannten Wachaudestinationen ansteuern. Die Stadt Wien baut nun eine Anlegestelle der Luxusklasse mitten in der Stadt: Am Donaukanal entsteht ein 126 Meter langer Terminal für Tragflügelboote und Ausflugsboote. Laut Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner wird die Anlage auch ein Café, ein Restaurant, Geschäfte und Eventflächen beherbergen.
Frachtschiffe
Wenn es um harte Zahlen geht, muss sich das Geschäft mit den weißen Schiffen auf der Donau allerdings den grauen Frachtern geschlagen geben: Die österreichische Wasserstraßenfirma via Donau schätzt, dass bloß 20 bis 30 Prozent des Verkehrsaufkommens auf der Donau auf den Personentransport entfallen, der Rest ist Fracht. Die Häfen der Städte an der Donau setzen auf Ausbau. Das neue, im September eröffnete Containerterminal des Wiener Hafens ließ sich die Stadt 110 Millionen Euro kosten; der Hafen erhielt dabei auch gleich eine neue Bahnanbindung inklusive Donauquerung, weil seine alte Eisenbahnbrücke im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Man hat sich also mit Ausbau bzw. Wiederherstellung recht viel Zeit gelassen, doch nun sind die Pläne um so ambitionierter: Wien will mit dem neuen Containerterminal das Containeraufkommen auf 500.000 Stück fast verdoppeln.
Was die Schiffe selbst betrifft, steht Österreich nicht ganz so prominent da. Die große Zäsur für Österreichs Präsenz im Frachtgeschäft erfolgte mit der Aufspaltung der legendären staatlichen DDSG (1829 gegründet) in eine Fracht- und eine Personenlinie mit anschließender Privatisierung in den neunziger Jahren. Aus Letzterer wurde die DDSG Blue Danube; Erstere steht seit 2007 im Besitz der East Point Holding des serbischen Geschäftsmanns Zoran Drakulic. Im September erregte Drakulic mit einem Plan, die DDSG nach Ungarn zu verlagern, Aufsehen, die Gewerkschaft machte mobil. Es ging dabei weniger um Jobabbau in Österreich, als um die Frage, welchem Arbeitsrecht die 43 Beschäftigten des Unternehmens künftig unterstehen.
Auf der DDSG lastet schwerer Konkurrenzdruck: Zwar soll auf die mehr als 160 Frachtschiffe ein Fünftel des gesamten Frachtaufkommens auf der österreichischen Donau entfallen, doch ist entlang des Flusses viel Konkurrenz entstanden, die teilweise von Ländern mit viel günstigerer Kostenstruktur aus operiert. Wie 43 Mitarbeiter übrigens 160 Schiffe steuern können, ist leicht erklärt: International bunt gemischte Mannschaften mit wechselnden Heuern sind auf der Donau Tradition, die Beschäftigung von Mannschaften aus anderen Staaten hat sogar während der Zeit des Eisernen Vorhangs geklappt. Erst seit dem EU-Beitritt 1995 gibt es vermehrte bürokratische Hürden.
Flottenförderprogramm
Der vielen Dynamik zum Trotz sieht der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) die Donau als Nachzügler: Zwar ist der so genannte Donaukorridor enorm wichtig – auf ihm werden mehr Güter transportiert als über den Brenner. Doch davon sind nur 15 Prozent auf der Donau selbst unterwegs, 52 Prozent des Transportguts dagegen fahren nebenher auf der Straße, 33 Prozent auf der Schiene. Vor 15 Jahren hatten Schiene und Wasser gemeinsam dagegen noch einen Anteil von zwei Drittel, kritisiert VCÖ-Experte Martin Blum. Heute werden insbesondere noch Erze und Metallabfälle sowie Mineralölprodukte auf der Donau transportiert. Immerhin: EU-weit beträgt der Anteil der Schifffahrt gerade einmal sechs Prozent, die Donau steht vergleichsweise also nicht völlig im Abseits. Und wenn es nach der bundesweiten Politik geht, wird die Wasserstraße wieder aufholen. Seitens der Politik wurde der »Nationale Aktionsplan Donauschifffahrt« beschlossen, damit der Fluss wieder mehr an Bedeutung gewinnt: Er soll das Frachtaufkommen bis 2015 verdoppeln.
Dafür müssen allerdings Streckenabschnitte ausgebaggert werden, um die Fahrtrinne zu vertiefen; und das ist politisch umstritten. Alexander Piekniczek, Geschäftsführer des Fachverbands der Schifffahrtsbetriebe in der Wirtschaftskammer Österreich, fordert jedenfalls die »Beseitigung der nautischen Engpässe auf der österreichischen Donau«. Das betrifft vor allem den Flussabschnitt östlich von Wien und bestimmte nautische Engstellen in der Wachau. Weiters wird die Umsetzung des optimierten Schleusenrevisionsplans gefordert, um Schleusenspeerzeiten infolge von Wartungsarbeiten möglichst in der Schifffahrtsnebensaison durchzuführen. Und der Fachverband wünscht sich eine gemeinsame Entwicklungs- und Investitionsstrategie der österreichischen Donauhäfen und -länden: Die Binnenschifffahrt könne nämlich auch durch wassernahe Industrie und Betriebsansiedlungen ihr Gütervolumen steigern, so Piekniczek. Letztendlich möchte man bei der Beschäftigung ausländischer Mannschaften auch wieder jene Freizügigkeit erreichen, die vor dem EU-Beitritt gegeben war.
Hintergrund: Verkehrsweg Donau
Die Donau ist ein Nachzügler, der jetzt erst langsam wieder die alte Bedeutung als Verkehrsweg zurückerobert: Rund 2400 Kilometer Donau sind schiffbar, von Kelheim in Deutschland bis Sulina in Rumänien. Ein wichtiger Schritt für den Verkehrsweg war die Verbindung durch den Main-Donau-Kanal mit Rhein und Main im vorigen Jahrhundert; sehr belastend dagegen wirkte sich die zeitweilige Sperrung im jugoslawischen Bürgerkrieg aus. Straße und Schiene haben die Bedeutung der Donau als Transportweg seither deutlich überflügelt. Die 14 Staaten entlang der Donau haben allerdings ein massives Interesse, die Wasserstraße auszubauen. Schon jetzt nützen Großabnehmer wie die Voestalpine sie als Transportweg, künftig sollen etwa auch die neuen Autofabriken in Osteuropa ihre Güter zunehmend per Schiff verschicken. Die Wirtschaftsdynamik im Wirtschaftsraum der Donauanrainerstaaten mit seinen 90 Millionen Menschen sorgt seit Jahren für steigendes Verkehrsaufkommen, das nach den Versprechungen der Politik zunehmend per Schiff — statt mit noch mehr Lkw — bewältigt werden soll.