Konflikte entstehen nicht plötzlich, und man stolpert auch nicht zufällig hinein. Sie entwickeln sich. Die ersten Anzeichen sind Sticheleien und leichte Vorwürfe, manche Kontrahenten reagieren aber auch zunehmend mürrischer, gehen einander aus dem Weg und sabotieren wichtige Entscheidungen. Alle Faktoren, die eine gute Kommunikation ausmachen, können in Konflikten destruktiv eingesetzt werden. Im Rahmen einer Befragung von Führungskräften aus Wirtschaft und Verwaltung identifizierten die Psychologen Joachim Selter und Ines Wilczek sechs typische Konfliktsignale: Aggressivität, Desinteresse, Widerstand, Uneinsichtigkeit, Flucht sowie Überkonformität. Je mehr Emotionen im Spiel sind, desto stärker ist die Urteilsbildung eingeschränkt. Die Folge ist unreflektiertes Handeln, das später oft bereut wird. »Sobald ein Konflikt wahrgenommen wird, muss er auch gelöst werden«, sagt Verhandlungsexperte Matthias Schranner. »Wer den Konflikt frühzeitig erkennt, kann ihn steuern.« Die Kunst besteht darin, trotz unterschiedlicher Positionen und atmosphärischer Verstimmungen eine konsequent respektvolle, wertschätzende Haltung zu bewahren. Zu Beginn die Gemeinsamkeiten hervorzuheben, kann das Eis schon langsam zum Schmelzen bringen. >> Freund, nicht Feind Offenheit und Respekt Attackieren oder Taktieren?>> Wer in Verhandlungen Konflikte aufschiebt oder vermeidet, gerät unkontrolliert in eine schwierige Position. Prozesse werden globaler und konfliktträchtiger, die Anforderungen ändern sich stetig, der Druck auf die Verhandlungsführer steigt. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt, um den Konflikt aufs Tapet zu bringen? Matthias Schranner, langjähriger Verhandlungsexperte des Sondereinsatzkommandos der deutschen Polizei und nunmehr Vorstandsvorsitzender des Schranner Negotiation Institutes in Zürich, unterscheidet zwei Philosophien:>> Low hanging fruits first: Zuerst werden einfache Themen verhandelt, um die Beziehung zu stabilisieren. Die schwierigen Punkte werden erst gegen Ende aufgegriffen.>>Put the fish on the table: Hier werden die Konfliktthemen bereits zu Beginn angesprochen – mit dem Risiko eines frühen Abbruchs der Gespräche. Schranner argumentiert aus seiner Erfahrung als Verhandlungsführer bei Geiselnahmen zunächst für Deeskalation. Geiselnehmer, die in der Regel nicht strategisch und taktisch überlegt agieren, würden sich generell für die zweite Variante entscheiden – und sich selbst dadurch viele Optionen nehmen. Werden Drohungen ausgesprochen, scheint der Konflikt erst recht unüberwindbar. »Die Kunst ist aus meiner Sicht, die Dramatik zu reduzieren und mit einer gewissen spielerischen Leichtigkeit zu verhandeln«, sagt Schranner. Er plädiert dafür, am Beginn die grundlegenden Gemeinsamkeiten zu betonen. Indem man dem Gegenüber signalisiert, keine sofortige Entscheidung zu erwarten, wird automatisch viel Dramatik genommen. »Einem Geiselnehmer sagt man beispielsweise, dass man ihn nicht stoppen kann und er die Handlungshoheit hat«, erklärt Schranner. Mit dem Vorschlag, in aller Ruhe gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, beginnt dann die eigentliche Verhandlung. Die Negotiation Conference 2012 findet heuer zum Thema „Put the fish on the table – Wie steuert man eine Verhandlung bewusst in den Konflikt?“ am 4. und 5. Oktober 2012 in Zürich statt. Info & Anmeldung: www.schranner.com