Durch den anhaltenden Trend der Urbanisierung und den steigenden Energiebedarf stehen die Städte zukünftig vor großen Herausforderungen. Auf der Hannover Messe 2011 wurde über Probleme der Mega Cities und mögliche Lösungsvorschläge gesprochen.Smart Efficiency – dieses Thema beherrschte die Vorträge, Gespräche und Diskussionen auf der diesjährigen Hannover Messe. Effizienz spielt bereits seit Jahren in allen Branchen der Industrie eine wichtige Rolle. Auf der weltgrößten Industriemesse ging es allerdings nicht nur um die effiziente Nutzung einzelner Potentiale, sondern auch um deren intelligente Vernetzung. Im Rahmen der Sonderausstellung Metropolitan Solutions wurden smarte Lösungsansätze für den steigenden Energie- und Ressourcenbedarf der Städte der Zukunft diskutiert.Metropolen mit steigendem Energieverbrauch»Der Trend der Urbanisierung ist ungebrochen«, so Jochen Homann, Staatssekretär des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. »Derzeit lebt etwa die Hälfte der Menschheit in Städten. Mitte des 21. Jahrhunderts werden es schon mehr als zwei Drittel sein.« Dieser Zuzug stellt die Metropolen der Welt vor große energiepolitische Herausforderungen. Bereits jetzt verursachen die Städte 70 Prozent des CO2-Ausstoßes. Der Energieverbrauch wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen – laut Siemens Energy bis 2030 an die 60 Prozent. Die Stromnachfrage wird sich dabei stärker auf die sogenannten Mega Cities konzentrieren. Gerade deshalb müssten die Städte laut EU-Kommissar Johannes Hahn in Zukunft einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Herausforderungen Um den steigenden Energiebedarf auf umwelt- und klimaverträgliche Art decken zu können, wird sich der Anteil an erneuerbaren Energiequellen in den nächsten Jahren stark erhöhen. Doch die derzeit bestehenden Netze sind weder für den steigenden Strombedarf gerüstet, noch für die Zunahme der stark schwankenden Stromerzeugung durch erneuerbare Energiequellen. An ihre Stelle könnten in Zukunft die sogenannten Smart Grids die Stromübertragung und –verteilung übernehmen. Diese intelligenten Netzwerke basieren auf dem Einsatz moderner Kommunikations- und Steuerungstechnik. Durch die wechselseitige Kommunikation aller am Stromnetz beteiligten Einheiten sollen Stromproduktion und –bedarf in Einklang gebracht werden.Die Mega Cities werden außerdem aufgrund ihrer hohen Bevölkerungsdichte neue Mobilitätslösungen benötigen. Ansätze sind hier etwa energieeffizientere Verkehrssysteme, wie die City-Maut oder Fahrzeuge aus dem E-Mobility-Bereich, wie Elektro-Autos und E-Bikes. Auch hinsichtlich der Gebäudetechnik und der Wasserversorgung stehen die Städte der Zukunft vor großen Herausforderungen.»Die Metropolen haben Herausforderungen aber auch Chancen vor sich«, meint Jochen Kreusel, Geschäftsbereichsleiter Marketing und Vertrieb Energietechnik der ABB AG. Es stelle sich einerseits die Frage, wie sich der hohe Energie- und Mobilitätsbedarf mit den Anforderungen an die Lebensqualität in Städten vereinen lassen werde. Andererseits würden aber gerade Städte die wirtschaftlichen Möglichkeiten für ganzheitliche Konzepte bieten, die sonst nicht finanzierbar wären. Der Erfolg solcher Konzepte für urbane Ballungsräume sei aber unweigerlich mit der Vorgabe eines regulatorischen Rahmens verbunden. »Denn ohne einheitliches Marktkonzept ist es nur eine normale Stadt mit normaler Energieversorgung«, so Kreusel. Eine Vorreiterolle könnten die Metropolen der Welt nur dann übernehmen, wenn ihr Konzept alle Energieformen und Infrastrukturen gleichermaßen berücksichtige. Energie-Mix der ZukunftDie Energieversorgung der Zukunft könne laut Lothar Balling, Siemens, nur ein Mix aus konventionellen und erneuerbaren Energiequellen leisten. »Wir brauchen auch an Tagen ohne Wind und Sonne Energieerzeugung«, so Balling. Auch der stellvertretende Leiter des Frauenhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik, Kurt Rohrig, sieht nur in einem Energie-Mix die richtige Lösung. Es dürfe nicht nur eine erneuerbare Energiequelle sein. »Vielfältigkeit macht stabil.« Rohrig verweist auch auf die Dringlichkeit einer Umstellung der Energieversorgung. »Eine Reduktion des CO2-Ausstoßes ist unbedingt notwendig. Wir haben keine Zeit mehr lange zu sinnieren.« Gleichzeitig sollten alle Länder im Bereich Klimaschutz an einem Strang ziehen. Bei der Integration von erneuerbaren Energiequellen ins Netz würden laut Ireneusz Pyc, Siemens, Smart Grids zukünftig eine große Rolle spielen.Durch die Einspeisung erneuerbarer Energie würde der Strompreis in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Darum wäre es wichtig, so Kreusel, die Verbraucher davon zu überzeugen, dass sich Investitionen und Teuerungen auszahlen. Die Herausforderung liege hier vor allem in der Langfristigkeit der Maßnahmen, erklärt Klaus Mittelbach, der Vorsitzende der Geschäftsführung des deutschen Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie. »Die Menschen müssen akzeptieren, dass sie in eine Veränderung investieren, die sie unter Umständen nicht mehr mitbekommen werden. Wir müssen es heute angehen um es morgen erreichen zu können.«>> Das Geschäft mit den Städten:Mit dem neuen Sektor «Infrastructure & Cities» möchte die Siemens AG ihr Geschäft mit den Großstädten ausbauen. Die Siemens AG will ihr Geschäft mit den Mega Cities ausbauen. Dafür wird neben den bisherigen Geschäftsbereichen Industry, Energy und Healthcare ein eigener Sektor gegründet. In »Infrastructure & Cities« sollen die Kompetenzen des Konzerns für Infrastruktur-Zukunftsfelder wie Smart Grids, Energieversorgungskonzepte und Mobilitätslösungen gebündelt werden. Die Aktivitäten dieses vierten Bereichs werden aus ausgewählten Geschäften der Sektoren Industry und Energy bestehen.»Städte sind ein wichtiger Wachstumsmarkt der Zukunft«, so Roland Busch, Siemens-Vorstandsmitglied und CEO des neuen Sektors. Insgesamt sieht Siemens für sich am Markt ein Potential von rund 300 Mrd. Euro, 80 Mrd. davon würden von der öffentlichen Hand vergeben, bis 2015 sollen es schon 100 Mrd. Euro sein. Derzeit kommt der neu gegründete Bereich auf einen Umsatz von 16,5 Mrd. Euro. Siemens messe sich an seinen Mitbewerbern und wolle schneller wachsen als diese, erklärte Busch.Auf der Hannover Messe 2011 zeigte die Siemens AG anhand ausgewählter Projekte energieeffiziente Stromversorgungs- und Mobilitätslösungen für Mega Cities. Beispielswiese errichtet Siemens in der Themse-Mündung den Offshore-Windpark London Array, der rund 750.000 britische Haushalte mit Energie versorgen wird. In Moskau erbaute Siemens ein hocheffizientes Heizkraftwerk, das das internationale Geschäftszentrum Moscow City umweltverträglich mit Strom und Wärme versorgt.