Forschung und Entwicklung boomen in der Glasbranche. Immer häufiger erweist sich der Baustoff Glas für Wärmedämmung und Sonnenschutz als nützlich. Die Unternehmen rüsten sich mit Innovationen für den mehrgeschoßigen Wohnbau. Dort sollen ja auch die Konjunkturpakete greifen. Für die thermische Sanierung werden 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Und dazu gehören zum Beispiel der Austausch von Fenstern und Gläsern. Gerade dort im Glasimperium scheint man besonders innovativ zu sein. Neuheiten auf diesem Sektor beweisen: Moderne Isoliergläser verfügen über bessere Dämmwerke als andere Baustoffe. Vielfach wird heute schon gesehen, dass Glas viele wichtige Funktionen in einem einzigen Bauelement vereint: Sonnenschutz, Wärmedämmung, Lärmschutz sowie Sicherheit. Glasspezialist für sämtliche Branchen»Der Einsatz von Glas steckt in Österreich noch in den Kinderschuhen«, meint Christoph Wenna, Prokurist der Wenna Glas GmbH in Linz. Das Unternehmen mit Sitz in Linz und Oberneukirchen ist in den Bereichen Bearbeitung, Verarbeitung und Montage von Glas und Metall tätig. Wenna Glas bedient Privatkunden, ist aber auch in den Bereichen Handel, Banken, Gewerbe und Industrie sowie Gastronomie tätig. Der Glasspezialist arbeitet für die Hotellerie, den Wellnesssektor und Einrichtungen der Medizin. Zudem hat sich das Unternehmen einen Namen bei öffentlichen Einrichtungen gemacht. »Unsere Stärken liegen vor allem im Innenausbau«, so Wenna. Das Unternehmen beschäftigt 35 Mitarbeiter und gehört zu den größten Glasereien im Raum Linz und Oberösterreich.Viel Entwicklungspotenzial bei GlasEntwicklungspotenzial gibt es noch zum Beispiel bei Funktionsgläsern, Glasböden, gebogenem Glas, Glasdesign und vielem mehr. Im Trend sind lackierte, emaillierte Gläser, die es erlauben, dem Baustoff neue Vielfalt und Farbenfreunde zu verleihen. Diese können vollflächig oder mit unterschiedlichen Mustern gestaltet sein. Emailliertes bzw. siebbedrucktes Glas wird häufig für Wandverkleidungen und als Bodenbelag in Bädern, Küchen, Wellnesseinrichtungen oder Hoteleingängen verwendet. Liebhaber von modernem Design haben auch die Möglichkeit, Glas mit Folien zu gestalten. Die Trägerfolien werden dabei mittels Digitaldruck bearbeitet und nachträglich auf das Glas aufgebracht. Der Gestaltungsspielraum reicht hier von abstrakten Mustern bis hin zur fotorealistischen Abbildung von Personen und Gegenständen. Gebogenes und begehbares Glas öffnet neue Dimensionen in der architektonischen Gestaltung von Gebäudehüllen und im Innenausbau. Im Landesdienstleistungszentrum Oberösterreich stattete Wenna Glas die Treppen in den zentralen Stiegenhäusern mit begehbarem Glas aus. Dadurch ist der Raum nach oben hin geöffnet. Der Einsatz von Glas schafft hier Einblick und Ausblick und steht für Transparenz in der öffentlichen Verwaltung.Neue Vielfalt und FarbenfreudeDie Forschungsbereiche der internationalen Glasindustrie reichen von verbessertem Sonnen- und Wärmeschutz für höhere Energieersparnis über kratzfestes Glas für den Möbel- und Ladenbau, schmutzabweisende Oberflächenbeschichtungen für Nasszonen und Fassaden bis hin zu selbstreinigendem Glas für den Außeneinsatz. Letzteres kann den Reinigungsaufwand bis zu 50 Prozent einsparen helfen. »Bei diesen Produkten gilt es, den Aufwand und den Nutzen genau gegenüberzustellen. Doch durch die weiter steigenden Energiekosten und stetig wachsenden Glasflächen sprechen immer öfter auch wirtschaftliche Argumente für den Einsatz dieser Innovationen«, so Wenna. Neben finanziellen Einsparungen sind es vor allem auch gesetzliche Vorschriften für die Arbeitsplatzgestaltung und -sicherheit, die diese Entwicklung vorantreiben. Ein Megatrend rund um den innovativen Werkstoff ist ohne Zweifel Sicherheitsglas. Durch die Verbesserung und Harmonisierung der Baubestimmungen in der Europäischen Union kommt es in Österreich laufend zu einer Anhebung der geforderten Sicherheitsstandards. Aussicht 2009Wenna Glas bietet Komplettlösungen für drinnen und draußen: von der Beratung über die Planung bis hin zur Produktion und Montage von Glas und Metall. Immer wichtiger wird neben der Montage auch die Reparatur. Wie sich 2009 entwickeln wird? »Im Augenblick sind die Auftragsbücher noch voll«, erklärt Wenna. Der enorme Boom der letzten Jahre habe sich etwas abgekühlt und das Wettbewerbsumfeld sei schwieriger geworden. Die Entwicklung ab Herbst 2009 sei momentan nicht einzuschätzen. Mit dem vorangegangenen Boom war auch ein merklicher Facharbeitermangel verbunden, der nach wie vor anhalte. Der Lehrberuf Glaser ist sehr vielseitig und hat mittlerweile mit vielen Technologien zu tun. Deshalb plant die Standesvertretung, eine Ausbildung zum Glastechniker zu etablieren. Glas dämmt, speichert und kühltEine interessante Entwicklung stellt Eckelt aus dem oberösterreichischen Steyr vor. Das Flachglas verarbeitende Unternehmen, Tochter des französischen Konzerns Saint-Gobain, veredelt Glas mit den Funktionen Wärmeschutz, Sonnenschutz und Sicherheit. Die Neuerfindung GLASSX ist ein lichtdurchlässiges Wandelement aus Glas, das eine ganze Außenwand ersetzen kann. Dieses Element dämmt, speichert und kühlt in einem. »Das Glas nimmt Energie auf, speichert sie und gibt sie wieder ab«, erklärt Wolfgang Dirisamer, Prokurist und verantwortlich für das Marketing bei Eckelt. GLASSX ist lichtdurchlässig und 80 Millimeter dick. Dass das Wandelement als Heizung im Winter oder als Kühlung im Sommer dient, ermöglicht allein die Sonneneinstrahlung. »Eine sehr effiziente Lösung«, unterstreicht Dirisamer. Die Wand wirkt im Winter wie ein Kachelofen und strahlt eine Temperatur zwischen 26 und 28 Grad Celsius im Raum ab. Und während der Wirkungsgrad von Photovoltaik etwa zwölf bis 18 Prozent beträgt, sollen bei GLASSX bereits 34 bis 40 Prozent eingestrahlte Energie generiert werden können. Im Unterschied zu Photovoltaik wird bei dieser innovativen Glaswand nicht Strom in Wärmeenergie umgewandelt. Das Material dient aber als Ersatz für übliche Wärmeisolierungen. Bei bereits 30 Prozent eingebauter GLASSX-Wandfläche nach Süden kann die Hälfte der Heizenergie gespart werden.Selbstregulierender SonnenschutzGLASSX zeichnet sich durch einen selbstregulierenden Sonnenschutz aus. Die Hitze wird von dieser Wand absorbiert und puffert die Überraumwärme über die Nachtabkühlung wieder ab. Das heißt, im Sommerhalbjahr schützt GLASSX vor sommerlicher Überhitzung und gibt keine Energie über 27 Grad Celsius ab. Ermöglich wird dies durch das Speichermaterial Phase Change Material (PCM), durch das Wärme wie in einer Kühltasche gespeichert werden kann. Das Wandelement soll die zehnfache Speicherfähigkeit von Beton haben. Eingesetzt wird das Glas im Wohnungs- und Bürobau. »Klar, die Investitionskosten für diese Wände sind höher als bei anderen Baumaterialien«, gibt Dirisamer zu. Man müsse aber auch bedenken, dass durch diese Glaswände mehr Nutzfläche gewonnen werden könne und auch keine Jalousien mehr benötigt werden. Die Entwicklungszeit für GLASSX dauerte drei Jahre. Die Entwicklungskosten wurden innerhalb des Konzerns aufgeteilt. Eckelt steuerte etwa 50.000 Euro dazu. In Steyr arbeiten 311 Mitarbeiter, 2008 wurde ein Umsatz von 58 Millionen Euro lukriert. »2009 wird das Marktvolumen auf etwa vier Prozent schrumpfen«, schätzt Dirisamer. In Österreich sei die Situation allerdings nur gedämpft und das Ausmaß der Krise nicht so drastisch wie in anderen europäischen Ländern. Sicherheits- und SonnenschutzgläserEines der bekanntesten Projekte von Eckelt ist die BMW-Welt in München. Sie wurde vom Wiener Architektenbüro Coop Himmelb(l)au entworfen. Die außergewöhnliche Form des Gebäudes stellte besondere Ansprüche an die Geometrie und Passgenauigkeit der Fassadenelemente, die für alle Bereiche dreidimensional konstruiert wurden. Allein für den Doppelkegel mit einer Gesamtfläche von 2.850 Quadratmetern wurden 900 verschiedene Isolierglaselemente aus Sicherheitsglas gefertigt. Zum Schutz gegen die sommerliche Überhitzung wurde SUNEX 52/29 ausgewählt. Interessant ist auch das Projekt New Acropolis Museum in Athen. Die Parthenon-Fassade des Museums wurde von Eckelt in einer abgehängten, zweischaligen Glaskonstruktion errichtet. Die äußere Glaswand besteht aus Sonnenschutzisolierglas, die zweite, innere Glashülle aus Verbundsicherheitsglas. Sie wird im Abstand von 70 Zentimetern durch Glasstabilisatoren distanziert und endet zirka 2,25 Meter über dem Fußboden. Durch diese Konstruktion entsteht Kaminwirkung – kühle Luft strömt an der Unterkante der offenen Innenfassade ein und wird durch die Sonneneinstrahlung erwärmt und dadurch an der Außenverglasung nach oben geführt. Kühlung des InnenbereichsDer Sonnenschutz des Isolierglases wird durch die Verwendung von SUNEX 73/39, einer zusätzlichen STADIP COLOR Farbfolie und einer LITEX Bedruckung in sechs unterschiedlichen Designs erreicht, so dass bei Außentemperaturen von über 40 Grad Celsius die Raumtemperatur an der Innenfassade mit zirka 23 Grad Celsius begrenzt wird. Sonnensegel im Fassadenbereich beschatten die exponierten Fassadenbereiche. Im gesamten Museumsbereich, aber insbesondere über den Ausgrabungsstätten in den unteren Etagen wurden begehbare Glasböden großzügig eingeplant. Diese gestatten ein direktes Erleben der Ausgrabungen, Sichtfenster gewähren Einblicke in den ExponatbereichGlasprofile in der FassadeDass bei der Aktivierung der Fassade zur Einsparung von elektrischer Energie und zur aktiven Nutzung von Solarenergie der Baustoff Glas immer wichtiger wird, zeigen auch Forschungen von Bettina Volz an der Universität Stuttgart. Architekten und Energieplaner bemühen sich, den Energieverbrauch von Gebäuden durch eine konsequente Dämmung der Gebäudehüllen und den Einsatz von geeigneten Sonnenschutzmaßnahmen zu minimieren. Daneben gibt es aber auch eine parallele Entwicklung, das Tageslicht mithilfe von Glasprofilen und -rohren zu nutzen. Es handelt sich um die Vision einer transparenten Fassade, die Energie spart, nutzt und sammelt. Hierbei werden Glasprofile und -rohre, die sich aufgrund von Untersuchungen als funktionsfähige Profile zur Tageslichtnutzung herausgestellt haben, mit Vakuumröhren zu einem Fassadensystem gefügt und in die Fassadenkonstruktion integriert. Die Ergebnisse im Rahmen dieser Arbeit zeigen, dass hinsichtlich der Nutzung des Tageslichtes der Einsatz der Glasprofile als transparenter Sonnenschutz bei gleichzeitiger Diffuslichtlenkung am sinnvollsten ist.