Aktives Auffinden »versteckter« Vermögenswerte des Schuldners Wenn Unternehmen pleite sind, dann sind nicht nur die eigenen Mitarbeiter betroffen, sondern auch ihre Gläubiger. Sind im Vergleich zur Gesamthöhe der Gläubigerforderungen nur geringe Vermögenswerte vorhanden, dann müssen Gläubiger mit hohen Abschlägen von ihren Forderungen bis zu einem Gesamtausfall rechnen. Das ist oft der Punkt, an dem die Suche nach Vermögenswerten beginnt, das sogenannte Asset Tracing. Ein Kommentar von Sebastian Mahr, Partner bei PHH Rechtsanwälte und Experte für Prozessführung und Asset Tracing. Ein Bauunternehmen hat Insolvenz angemeldet und keine nennenswerten Vermögenswerte; zusätzlich ist auch noch die Gesellschaft, die für das Unternehmen gebürgt hatte, ebenfalls in Konkurs gegangen. Der Geschäftsführer dieser Gesellschaft hat zwar eine Haftung, weil er schlecht und fahrlässig gewirtschaftet hat, aber angeblich kein Geld. Oder: Ein Klient hat in ein Immobilienprojekt in Dubai investiert. Das Projekt ist allerdings nicht realisiert worden, die Gelder kamen angeblich nie dort an. Dies sind klassische Beispiele, wo Gläubiger die Vermögenswerte ihrer Schuldner hinterfragen sollten, bevor sie Klage erheben. Sollte sich nämlich herausstellen, dass kein ausreichendes Vermögen für die Vollstreckung eines positiven Urteils vorhanden ist, so würde dies dazu führen, dass »gutes Geld schlechtem Geld hinterher geworfen wird«. Der Gläubiger hätte dann zwar einen durchsetzbaren Anspruch, jedoch wäre dieser nicht einbringlich. Der Gläubiger ist deswegen vor allem bei hohen Forderungen gut beraten, sich vorab ausreichend über die Vermögensverhältnisse des Schuldners zu informieren und gegebenenfalls Spezialisten für das Auffinden versteckter Vermögenswerte einzusetzen. Auch im Wirtschaftsstrafrecht spielt die Auffindung und Sicherung von Vermögenswerten eine wichtige Rolle, um zum Beispiel die Rückerlangung veruntreuter Gelder zu erreichen. Vor allem die Verbringung von Vermögenswerten ins Ausland stellt vor dem Hintergrund stetig steigender internationaler Handelsverflechtungen ein zunehmendes Problem dar. Beispiele für Asset Tracing In Zeiten der Globalisierung fällt es zunehmend leichter, Vermögenswerte in Steueroasen bzw. Offshore-Rechtsordnungen zu transferieren und durch geschickte Verschachtelung in Briefkastenfirmen »verschwinden zu lassen«. Um solche Werte aufzufinden, bedarf es spezieller Fachkompetenz, um die Geschäftsbeziehungen und Transaktionen der Schuldner zu untersuchen und aus kleinsten Hinweisen ein Mosaik anfertigen zu können. In unseren Fällen oben führte Asset Tracing zum Erfolg: Im Fall des Bauunternehmens fanden die Anwälte der Gläubiger heraus, dass der Geschäftsführer kurz vor den Insolvenzen einer Verwandten eine teure Liegenschaft geschenkt hat und brachten eine Anfechtungsklage ein. Der Erfolg: Der Geschäftsführer war gesprächsbereit, es gab eine außergerichtliche Einigung mit einem positiven Abschluss für die Gläubiger. Und auch die angeblich in Dubai verschwundenen Gelder ließen sich wieder aufspüren und konnten zumindest zum Teil sichergestellt werden. Asset Tracing ist also Ermittlungsarbeit, bei der die Jahresabschlüsse des schuldnerischen Unternehmens, internationale Datenbanken sowie Grund- und Firmenbücher forensisch durchforstet werden. Conclusio Asset Tracing ist in praktisch allen Fällen einsetzbar, in denen undurchsichtige Vermögensstrukturen transparent gemacht werden sollen. Das gilt vor allem dann, wenn der Gläubiger verschiedenste Unternehmensbeteiligungen über Treuhandschaften hält. Diese sind ohne Einsatz von Experten nur schwer ermittelbar. Aber sie sind ermittelbar.