Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report definiert der neue BauMassiv-Sprecher Reinhold Lindner seine Ziele für die Interessensvertretung, erklärt, warum die Forschungsaktivitäten und das Lobbying verstärkt werden sollen und was es mit dem »Tag des Massivbaus« auf sich hat. Report: Welche Ziele verfolgen Sie als neuer Sprecher von BauMassiv?Reinhold Lindner: Es geht darum, die BauMassiv-Gruppe neu aufzustellen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Verstärkung der Forschungsaktivitäten. Es herrscht bei allen Mitgliedern die Überzeugung vor, dass wir in diesem Bereich noch aktiver werden müssen, um uns gegenüber den Substitutionsbaustoffen besser positionieren zu können. Dabei sollte mir mein Praxisbezug ebenso entgegenkommen wie mein Kontakt zu verschiedenen Universitäten, den ich in früheren Tätigkeiten aufgebaut habe. Die Koordination dieser Forschungsaktivitäten wird eine meiner Haupttätigkeiten sein. Report: Wo werden die Forschungsschwerpunkte liegen?Lindner: In der Vergangenheit haben wir sehr stark auf das Thema Nachhaltigkeit gesetzt, jetzt sollen Themenbereiche rund um das zukunftssichere Bauen im Vordergrund stehen. Mit dem gleichnamigen Projekt, das mit FFG-Mitteln, aber auch zum Großteil frei finanziert werden soll, wurde gerade in den letzten Wochen eine neue groß angelegte Forschungsinitiative gestartet. Denn nur mit ordentlichen Studien und Forschungsergebnissen kann man einen Baustoff verkaufen. Report: Soll mit diesen Studien vor allem belegt werden, was massive Baustoffe können oder sollen auch neue Anwendungsgebiete erforscht werden?Lindner: Wir geben uns nicht damit zufrieden, zu zeigen, was massive Baustoffe können. Wir wollen auch in neue Bereiche vorstoßen, etwa beim Thema Recycling oder der Frage von zukünftig optimalen, aber auch wiederverwertbaren Wandaufbauten. Auch beim Thema Heizen und Kühlen sind wir noch lange nicht am Ende angelangt. Das funktioniert zwar technisch ganz hervorragend, ist aber noch nicht breitenwirksam. Report: Ist das dann nicht eher eine Frage des richtigen Marketings?Lindner: Es braucht beides. Und auch das wird meine Aufgabe in Zukunft sein. Es ist geplant, dass ich als eine Art »Mr. BauMassiv« zum zentralen Ansprechpartner werde, vom Endkunden über Forschungsinstitute und Medienvertretern bis hin zu den Bauunternehmen. Report: Gibt es konkrete Ziele, wo die Forschungsaktivitäten hinführen sollen?Lindner: Langfristig wäre es natürlich schön, wenn es eine eigene Professur geben würde, die sich mit massiven Baustoffen beschäftigt. In Ansätzen ist das ja schon gelungen, wie etwa die Kooperation der Zementindustrie mit den Smart Minerals zeigt. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, aber wer weiß, was in ein paar Jahren möglich ist. Report: BauMassiv gilt als die Lobbyingplattform der Hersteller mineralisch gebundener Baustoffe. Welche Rolle wird das Lobbying in Zukunft spielen? Lindner: Dieser Bereich soll einen wesentlich größeren Raum einnehmen. Denn im Vergleich zu anderen Baustoffen hat der Massivbau in Sachen Lobbying sicher noch Aufholbedarf, vor allem, was die Gestaltung des österreichischen Normenwesens anbelangt. Ein Beispiel dafür sind die Bauordnungen und die in diesem Zusammenhang gewährten Förderungen der Länder. Da streben wir Korrekturen an. Und da schließt sich der Kreis. Denn es geht mir nicht darum, andere Baustoffe anzugreifen, sondern darum, die positiven Eigenschaften von massiven Baustoffen zu kommunizieren. Und das gelingt nur mit fundierten Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Grundlagen. Der Gesetzgeber soll ja nicht aus dem Bauch heraus entscheiden, sondern anhand valider Fakten. Jeder Baustoff hat seine Vorteile. Wenn jeder nach seinen Stärken eingesetzt wird, dann gibt es auch nicht diesen großen Konkurrenzkampf. Report: Das klingt sehr versöhnlich. Sie haben also keine Berührungsängste mit dem Leichtbau?Lindner: Nein, sicher nicht. Aber eine kritische Betrachtung der Aktivitäten ist sicher angebracht. Ich habe mir etwa in den letzten Wochen einmal angesehen, was die Holz-Fraktion in Sachen CO2 publiziert hat. Da finden sich Aussagen, die zumindest zu hinterfragen sind. Man kann das Schlagwort »Minus CO2« nicht so einfach stehen lassen, muss dem mit wissenschaftlich fundierten Argumenten entgegentreten. In diesem Zusammenhang bin ich dafür, dass objektive Parameter festgemacht werden, die dann für alle Baustoffe die gleiche Gültigkeit haben. Erst dann kann ich sinnhafte Vergleiche anstellen.Report: Was sind die nächsten konkreten Lobbyingaktivitäten?Lindner: In nächster Zeit wird es vor allem darum gehen, sich für Änderungen in den Bauordnungen einzusetzen. Wir sind auch schon in Gesprächen mit den zuständigen Beamten. Wir müssen richtigstellen, dass massive Bauten nicht nur wertbeständig und langlebig sind, sondern auch nachhaltig. Report: Wird es nicht schwierig, den Massivbau über die Themen CO2 und Nachhaltigkeit zu positionieren? Hier scheint der Holzbau doch einen uneinholbaren Imagevorsprung zu haben. Kann man auf diesem Feld gegen den Leichtbau überhaupt gewinnen?Lindner: Es geht nicht um Gewinnen und Verlieren, sondern die korrekte Betrachtung eines Themas. Nachhaltigkeit ist mehr als nur CO2. Deshalb müssen auch andere Indikatoren aus dem Bereich der Ökologie und auch soziale Aspekte einen entsprechenden Stellenwert bekommen. Es gibt in Wien so viele Gebäude, die 100 Jahre und älter sind. Aber wie viele davon sind aus Holz? Report: In den letzten Jahren hat der Nachhaltigkeitsgedanke in der BauMassiv-Gruppe eine große Rolle gespielt. Ein Nachhaltigkeitsbeirat wurde gegründet und eine Forschungsinitiative gestartet. Jetzt ist es etwas ruhiger geworden. Welche Rolle wird der Nachhaltigkeitsgedanke in Ihrem Arbeitsalltag spielen?Lindner: Das Thema der Nachhaltigkeit wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Der eingeschlagene Weg, unabhängige Experten ins Boot zu holen, war zweifelsfrei richtig, aber jetzt geht es auch darum, die im Nachhaltigkeitsbeirat begonnenen Aktivitäten auch inhaltlich zu vertiefen. Und dann muss man mit diesen fundierten Ergebnissen an die Öffentlichkeit. Ich habe vor einigen Jahren festgestellt, dass man für ein effektives Baustoffmarketing die Planer und Architekten erreichen muss. Die treffen die Entscheidungen. Report: Gibt es schon eigene Projekte oder Ideen, die Sie in nächster Zeit realisieren möchten?Lindner: Eine Idee, die ich gerne umsetzen möchte, ist der »Tag des Massivbaus«, an dem in ganz Österreich Musterobjekte präsentiert werden. Da kann die ganze Palette massiver Baustoffe, aber auch neue Technologien wie »Heizen und Kühlen mittels Bauteilaktivierung« gezeigt und von den Besuchern erlebt werden. Das wird aber noch eine gewisse Vorlaufzeit brauchen. Eine Umsetzung 2015 ist aus meiner Sicht aber durchaus realistisch. Report: Was sind Ihre konkreten ersten bzw. nächsten Schritte als BauMassiv-Sprecher?Lindner: Es geht jetzt vor allem darum, die Lobbyingaktivitäten zu verstärken. Da gab es bereits erste Termine, weitere werden folgen. Und dann werde ich alles daran setzen, mich als Mr. BauMassiv zu positionieren. Langweilig wird mir in den nächsten Monaten sicher nicht werden.