Von Daniel AJ SokolovZu einem "informellen" Treffen im Rahmen der CeBIT hatten sich die für Telekommunikation zuständigen Minister der 27 EU-Mitgliedsstaaten nach Hannover begeben. Berichtet wurde von einer Einigung - doch was EU-Kommissarin Viviane Reding anschließend in einer ultrakurzen Pressekonferenz berichtete, ließ mehr Fragen offen, als beantwortet wurden.Roaming soll billiger werden, und das schnell - soweit die politischer Ebene. Inzwischen eine No-Na-Frage, auch wenn manche Netzbetreiber noch immer Lobbyisten zum Heulen und Zähneklappern nach Brüssel schicken. Gleichzeitig preisen sie sich als "sowieso billig" an - und dürften damit aus Brüsseler Perspektive gar nicht einmal ganz falsch liegen. Denn 50 Cent pro Minute für aktive Roaminggespräche ins Heimatland sind laut Reding der derzeit kleinste gemeinsame Nenner. Zuzüglich Umsatzsteuer, versteht sich. Reding wünscht zwar eine niedrigere Grenze, und auch das EU-Parlament fordert 42 Cent, aber was wirklich beschlossen wird, ist offen. Denn die Vorschriften müssen auch noch durch den Rat der Europäischen Union, wie der Ministerrat offiziell heißt. Bei passiven Gesprächen ist von 25, 15 oder "weniger" Cent netto pro Minute die Rede.Die Taktung bei der Abrechnung ist für die tatsächlichen Kosten wesentlich. Zu diesbezüglichen Vorschriften gibt es noch keine äußerungen. Sollte die Norm nicht streng formuliert werden, wären Umgehungen durch lange Taktzyklen einfach. Strittig ist auch noch die wesentliche Frage, ob es ein Opt-In- oder Opt-Out-System werden soll. Muss der Konsument sich aktiv um die dann vorgeschriebenen Tarife bemühen? Oder muss er aktiv werden, wenn er seinen bisherigen Tarif behalten möchte? Schließlich gibt es in manchen Ländern auch Roamingpakete mit Freiminuten oder Preispläne, in denen ein Pauschalpreis pro Gespräch anstatt eines Minutentarifes zur Anwendung gelangt.Unklar ist außerdem, wie die Regulierung am Großhandelsmarkt umgesetzt werden soll. Wenn die Vorleistungspreise zu hoch sind, würden viele Netzbetreiber einfach auf Roaming verzichten, anstatt Verluste in Kauf zu nehmen und einen Wucherer zu subventionieren. Ziemlich sicher ist nur, dass die Tarife für Datenroaming vorerst bleiben dürfen, wo sie sind: in unendlichen Höhen, wo noch nie ein Taschenrechner gewesen ist.Noch in diesem Halbjahr möchte Reding den Rechtssetzungsprozess abschließen - ob sich das ausgeht, ist offen. Das Europäische Parlament ist ebenso damit zu befassen, wie der Rat der Europäischen Union (Ministerrat) - und dann nicht bloß informell. Unsicher ist auch, ob die neue Regelung, wie immer sie aussehen mag, sofort mit 1. Juli in Kraft treten kann, oder erst im Herbst, wenn die Urlaubssaison vorbei ist. Vielen Konsumenten, insbesondere aus EU-Ländern mit niedrigen Inlandstarifen, dürfte es egal sein. Denn ob sie jenseits der Grenze das Hundertfache oder das Sechzigfache bezahlen sollen, macht für sie dann auch keinen wirklichen Unterschied.