Im Jahr 1950 hat der durchschnittliche österreicher im Schnitt acht Kilometer am Tag zurückgelegt, 2003 waren es bereits 38 Kilometer. Ein Trend, der sich laut heutigen Schätzungen auch in Zukunft fortsetzen wird. In Europa fahren täglich 150 Millionen Menschen mit dem Auto zur Arbeit, 100 Millionen sind als Geschäftsreisende unterwegs und 90 Millionen fahren zum Einkaufen. Vorsichtige Schätzungen rechnen mit einer weltweiten Steigerung des Straßenverkehrs von rund 30 Prozent bis 2015. Da die Straßenkapazitäten beschränkt sind, ist der Einsatz von modernen, intelligenten Telematikdiensten unerlässlich. Technologisch kein Problemösterreich ist im Bereich der Verkehrstelematik gut aufgestellt. Der 2004 vorgestellte "Telematikrahmenplan für österreich" verfolgt demnach auch ehrgeizige Ziele: Von der Bewirtschaftung und der dynamischen überwachung über die Erfassung und Bereitstellung dynamischer intermodaler Verkehrs-, Reise- und Fahrgastinformationen bis hin zur die Erleichterung des Zugangs zum öffentlichen Verkehr durch komfortable Zahlungssysteme. Wenn Eduard Mainoni, Staatssekretär im Verkehrsministerium, von einem "Technologievorsprung österreichs" spricht, ist das noch nicht einmal übertrieben. Das Problem ist nur, dass die Technologie im Bereich der Verkehrstelematik das geringste Problem darstellt. "Die technologische Komponente haben wir ziemlich gut im Griff", erklärt Paul Forstreiter von Siemens Intelligent Traffic Systems. "Das Problem sind vielmehr institutionelle, rechtliche und auch emotionale Barrieren." Geht es etwa um eine sinnvolle Koordination von öffentlichen und Individualverkehr, von Straße und Schiene, dann fehlt die zentrale Institution. "Die Intermodalität muss zum Business-Case werden, um wirklich Zählbares präsentieren zu können", so Forstreiter. Solange es einerseits eine öBB und andererseits eine Asfinag gibt, fehle das gemeinsame Interesse. Denn die Asfinag wird nur ungern auf Mauteinnahmen verzichten, die ein verstärkter Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bedingt. Aber auch die emotionale Komponente darf nicht unterschätzt werden. Wenn Visionäre davon sprechen, dass die Telematik in Zukunft aktiv durch Lenken oder Bremsen in das Fahrverhalten eingreifen wird, dann wird das auf wenig Gegenliebe stoßen. Kaum ein Fahrzeuglenker wird sich ein System in sein Auto einbauen lassen, das ihn in seiner persönlichen Entscheidungsfreiheit einschränkt. DienstleistungDen offensichtlichen Barrieren zum Trotz, gibt es in österreich eine Reihe interessanter Forschungsprojekte. Besonders umtriebig ist naturgemäß die Asfinag (siehe Kasten). Sie ist auf einem gutem Wege, die Zeichen der Zeit zu erkennen. International ist der Trend bereits absehbar, dass sich Autobahnbetreiber immer mehr zum Dienstleister entwickeln. Bedingt durch die Konkurrenz privater Anbieter entsteht ein neuer Markt. Autobahnbetreiber kassieren eine Mautgebühr und bieten dafür dank verstärkten Telematik-Einsatzes einen Mehrwert an Sicherheit und Service.Vorsicht Stau!Bei Siemens arbeitet man derzeit an einem System, das Auffahrunfälle und damit auch Staus künftig verhindern oder zumindest deutlich reduzieren soll. Verkehrsbeeinflussungsanlagen messen Daten wie Fahrzeugtyp, Abstand und Geschwindigkeit und berechnen so die Wahrscheinlichkeiten für einen drohenden Stau. Ist die Staugefahr erkannt, können nachkommende Fahrzeuge rechtzeitig gewarnt und Auffahrunfälle verhindert werden. Das Problem ist die Verarbeitung der gewonnen Daten. "Mit linearen Zusammenhängen kommt man hier nicht weit", erklärt Forstreiter. "Deshalb haben wir dem System mit einer künstliche Intelligenz ausgestattet, die auf Basis von komplexen mathematischen Grundlagen Wahrscheinlichkeiten errechnet." Das System soll laut einer Validitätsmessung in Deutschland sehr zuverlässig arbeiten. Im Testabschnitt auf der A8 in München konnten 35 Prozent der Unfälle verhindert werden.Highway³In Kooperation mit Magna Steyr arbeitet arsenal research an dem Projekt Highway³. "Das Prinzip ist ähnlich dem des ö3-Verkehrsfunk, aber ad hoc", erklärt Dietrich Leihs von arsenal research. Fahrzeuglenker sollen Informationen über die empfohlene Geschwindigkeit erhalten. Das Problem ist, wie man zu diesen Daten kommt. "Wenn etwa auf einem bestimmten Autobahnabschnitt fünf Autos unterwegs sind, stellt das in der Regel kein Problem dar", erklärt Leihs. "Wenn man aber weiß, dass ein Wohnmobil mit 75 km/h unterwegs ist und dahinter ein Sattelschlepper mit 85 km/h kommt, dann kann man den genauen Zeitpunkt errechnen, wann es zu einem überholmanöver kommen wird und die Straße für kurze Zeit verschlossen sein wird." Wichtig sei bei den Forschungsarbeiten, dass es sich um ein System handelt, dass sich relativ einfach auch im Nachhinein in Autos einbauen lässt. Erste Ergebnisse des Highway³-Projekts erwartet Leihs in rund einem Jahr.GeisterfahrerBei Kapsch Traffic Com arbeitet man gemeinsam mit der Asfinag am intelligenten Videobildeinatz zur Detektion von Geisterfahrern. Ziel des Projekts Ghostdriver-Telematik ist es, anhand eines Piloten zu untersuchen, ob mit Hilfe eines stationären Warnsystems, das entlang eines gefährdeten Straßenzuges installiert wird, Verkehrsteilnehmer rechtzeitig über Geisterfahrer gewarnt werden können. Die Erkennung des Geisterfahrers soll mittels Schleifen oder Kameras erfolgen. Die ersten Ergebnisse sollen noch im Laufe dieses Jahres präsentiert werden. Auszug aus den F&E-Projekten der Asfinag:AKUTDas Projekt AKUT in Zusammenarbeit mit Joanneum Research und Artibrain prüft die Machbarkeit eines Systems zum akustischen Tunnelmonitoring. Neben bereits bestehenden Verfahren zur Detektion von Störfällen soll der Informationsfluss zur Tunnelzentrale durch eine akustische Detektion von Anomalien noch weiter erhöht werden. Den Abschluss des Projekts bildet die Entwicklung und der Aufbau eines Pilotsystems zum akustischen Tunnelmonitoring. Dieses Projekt wird im Rahmen von I2 (intelligente Infrastruktur) vom bmvit gefördert. Gefahrengutverfolgung im TunnelZiel des Projekts ist die automatische Erkennung von Gefahrenguttransporte kurz vor oder im Tunnel, um eine kontrollierte Durchfahrt zu gewährleisten. Das Sytem soll jederzeit Art und Menge des geladenen Gefahrenguts erkennen und bei Auftreten eines Notfalls sowohl den Tunnelwarten als Einsatzorganisationen wie Polizei und Feuerwehr helfen, die am besten geeigneten Maßnahmen zu treffen. Zudem könnte mit Hilfe dieses System die Notwendigkeit des derzeit in österreich vorgeschriebenen Begleitfahrzeugs für Gefahrenguttransporte in Tunneln über fünf Kilometer Länge neu überdacht werden.Dieses Projekt wird im Rahmen von CONNECT von der europäischen Kommission gefördert. Traffic Management PlansZiel dieses Projekts ist es, gemeinsame Verkehrsmanagementpläne und -strategien für Zentral- und Osteuropa sowie für den Brenner- und Tauernkorridor zu entwickeln, um im Falle von langfristigen Straßensperren bürokratiefrei Ausweichrouten zur Verfügung stellen zu können. Neben der Erarbeitung von Strategien sollen auch entsprechende Verträge zwischen den Mitgliedsstaaten ausgearbeitet werden.Dieses Projekt wird im Rahmen von CORVETTE von der Europäischen Kommission gefördert. eMOTIONIm rahmen des Projekts "European-wide multi-modal traffic information on-trip" sollen Rahmenbedingungen für zukünftige multimodale und internationale Echtzeitverkehrsinformationsdienste geschaffen werden. Projektinhalt sind die Analyse der Nutzerbedürfnisse, die Evaluierung legistischer und organisatorischer Rahmenbedingungen, das Schaffen technischer Standards sowie das Erarbeiten von Geschäftsmodellen für Echtzeitverkehrsinformationsdienste.Gefördert wird das Projekt von der europäischen Kommission im Rahmen von FP6.COOPERSDas Projekt "Cooperative Networks for Intelligent Rad Safety" beschäftigt sich mit der Entwicklung von Telematikdiensten zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Die zentralen Punkte des Projekts sind die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur und die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen. Mittels der in COOPERS entwickelten Services soll es möglich sein, Informationen in Echtzeit zwischen Fahrzeug und Infrastruktur auszutauschen. Dieses Projekt wird im Rahmen von FP6 von der Europäischen Kommission gefördert.