"österreichs Energiepolitik ist irrrational“, sagt Reinhard Haas, Professor am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der TU Wien. Dies sei gleich in mehrfacher Hinsicht der Fall, so der Experte. So steht in der neuen Regierungserklärung als Ziel, dass bis 2010 80 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energiequellen stammen sollen. Dies sei völlig unrealistisch, meint Haas. Das offizielle östererich beschummle sich nämlich selbst. So wird allgemein davon ausgegangen, dasss der regenerativ gewonnene Stromanteil 2006 bei 75 Prozent lag. Das stimmt jedoch nicht, da sich diese Berechnung auf das Jahr 1997 bezieht. Seither ist der Stromverbrauch geradezu explodiert. Real beträgt der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion daher bloß 63 Prozent. Nachdem die großzügige Förderung für Wind & Co Vergangenheit sind sei eine Steigerung sehr unwahrscheinlich, so Haas. Und selbst wenn der Ausbau der Erneuerbaren mit voller Kraft (150 % Windkraft, 300 % Biomasse und 300% Photovoltaik) betrieben würde, wird der Anteil 2010 maximal 61,5 Prozent betragen weil der Verbrauch bis dahin weiterhin steigt. Im Regierungsreferenzjahr 1997 betrug der Stromverbrauch 56.100 Gigawattstunden, für 2010 rechnen die Experten mit 74.000 Gwh. Pro Jahr weist österreich einen Mehrverbrauch aus der der Erzeugung eines großes Donaukraftwerkes entspricht. Eine zweite politische Irrrationalität sei es nach Ansicht von Haas die Energieerzeugung im Nachbarland Tschechien zu geisseln und zugleich von dort erhebliche Mengen an Strom zu importieren. Im Jahr 2000 war österreich nich Exporteuer, heute stammen etwa zehn Prozent des verbrauchten Stroms aus dem Ausland, vornehmlich aus Deutschland und Tschechien. Ebenfalls unlogisch sei der Umgang mit den Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll, die österreich bekanntlich weit verfehlt. "Es wird jetzt schon Geld gespart um später die Zertifikate zu erwerben“, ätzt Haas, der in diesem Zusammenhang künftig mit Kosten von 250 Millionen Euro pro Jahr rechnet. Demgegenüber relativiert sich die Dotierung des vielgepriesenen Energiefonds mit 500 Millionen Euro. Sinnvoller wäre es nach Ansicht des TU-Experten aktiv in die Vermeidung von Emissionen zu investieren. Auch beim Netzausbau ortet Haas Unlogisches: "Die Netzinvestitionen sind drastsich zurückgegangen, die Netze verfallen kontiunierlich“, erklärt er. Der technologische Fortschritt werde nicht nachvollzogen und es werden keine Reserven für die Einspeisung zusätzlicher Erneuerbarer geschaffen. Schon derzeit müssten die Windkraftwerke im Burgenland zeitweise vom Netz genommen werden, da es sonst zu einer überlastung käme, ergänzt der ebenfalls an der TU lehrende Günther Brauner. "Wir werden eine Krise bekommen“, sagt er voraus. Ab 2008 oder 2009 sei mit einem Stromengpass zu rechnen, da auch die Kraftwerks-und Netzkapazitäten in und aus den umliegenden Ländern nich reichen werden unseren hohen Verbrauch zu kompensieren. "Wir schaffen es nicht mit Mehrerzeugung allein den Verbrauchszuwachs in den Griff zu kriegen“, glaubt er und empfihelt der Politik eine rasche Diskussion darüber welche Strategien das Land gedenkt zu wählen. Ein möglicher Ausweg wäre das Sparen von Strom. Dies sei viel effizienter als der Neubau von Kraftwerken und sei die einzige Möglichkeit den Anteil der Erneuerbaren zu pushen. Wollte man den Anteil der Erneuerbaren auf das erzielbare Maximum erhöhen wären Investitionen in der Höhe von 5 Milliardne Euro nötig, so Brauner. Dagegen seien Effizienzsteigerungen wesentlich wirkungsvoller und kostengünstiger. Nach Berechnungen der EU werden derzeit etwa 20 Prozent der elektrischen Energie verschwendet. Um das abzustellen bedüfe es eines großen Wurfs und auch finanzieller Anreize, so die beiden Professoren. "Strom ist heute real billiger als 1965“, kann sich Haas eine neue Stromsteuer vorstellen, deren Erlöse zweckgebunden der Forschung und Entwicklung zugute kommen sollen. Zum Beispiel könnten Systeme entwickelt werden, die den Stromverbrauch automatisch senken in dem sie nicht in Betrieb befindliche Geräte automatisch abschalten. Erheblichen Handlungsbedarf sieht Haas auch beim Segment Pumpen. Etwa eine Million Heizungsumwälzpumpen seien landesweit in Betrieb, der Großteil davon verbraucht deutlich mehr Strom als nötig ist. Ein konzertierter Umtausch dieser Verbraucher wäre relativ rasch machbar, so Haas. Er kann sich des Weiteren eine Belohnung für jene Haushalte vorstellen, die nachweislich wenig Energie verbrauchen. Freilich sei auch die Industrie gefordert intensiv über Verbrauchsreduktionen nachzudenken. Auch bei neuen Erzeugungsanlagen sieht Brauner Handlungsbedarf. Biomasseanlagen seinen nur in Verbindung mit Nahwärmenetzen sinnvoll. Bei Windkraftwerken gelte es die Flächenwidmungspläne zu überarbeiten. Die heute in Niederösterreich geltenden Abstandsbestimmungen zu Siedlungsgebieten seien dann zu überdenken, wenn anstatt kleiner größere Windkraftanlagen zum Einsatz kommen. Diese laufen langsamer und leiser und liefern deutlich mehr Strom ins Netz. Nicht irrrational seien die Gaskraftwerkspläne heimischer EVU. "Je mehr Windenergie wir haben, desto mehr Gaskraftwerke brauchen wir“, betont Brauner und fügt hinzu: "Wenn wir sparen, sparen wir uns den exzerssiven Ausbau der Gaskraftwerke“. Das klingt beruhigend, denn zur angeprangerten Kyoto-Problematik leisten Gaskraftwerke bekanntlich auch einen Beitrag - wenn auch nicht in dem Ausmaß wie die bereits stillgelegten Kohlekraftwerke. Die auf EU-Ebene vorgeschlagene eigentumsrechtlichen Trennung von Netzbetrieb und Erzeugung lehnen die Experten als "vollkommen unbrauchbar“ ab. Das einzige sinnvolle Unbundling sei eine "klare legale Entflechtung mit einer rigorosen verschärften Missbrachsaufsicht entsprechend dem Insiderhandel an den Börsen“.