In den eigenen vier Wänden gibt es immer etwas zu tun. Selbst Hand anzulegen bedeutet Schonung des Haushaltsbudgets. Immer mehr Menschen erkennen die Vorteile des Heimwerkens – und sie hämmern, bohren, schrauben.Von Karin Legat. Vier Jahre Volksschule haben ihre Spuren hinterlassen. Das Kinderzimmer ist nicht mehr gerüstet für unsere Jüngste. Es braucht dringend ein Update, um den neuen Ausbildungsanforderungen zu entsprechen. Auch der Fußboden im Vorzimmer und die Badezimmerdusche verlangen nach einer sanierenden Hand. Also auf in den Baumarkt.« So wie Philipp, Familienvater und kaufmännischer Angestellter, denken immer mehr Wohnungs- und Hausbesitzer und sind auf der Suche nach Brettern, Schrauben, Steckern, Dämmung, Bodenbelägen und Zubehör für Sanitärräume. »Die Menschen möchten ihr Hab und Gut verbessern und verschönern. Sie wollen die Zeit, die sie zu Hause verbringen, genießen«, bringt es Leopold Fetter von ÖBAU Fetter und Obmannstellvertreter der Wirtschaftskammer, Sparte Baumärkte, Baustoffhandel, Holzhandel, auf den Punkt. Diese positive Entwicklung wird auch von OBI bestätigt. »Wir sehen klar einen Trend zum Selbermachen und Selbergestalten in Österreich«, betont Geschäftsführer und Vorstand Dieter Messner.Auf die Knie, fertig, losDie heimischen Baumärkte wollen vor allem eines: beraten und unterstützen. »Wir wollen unsere Kunden nicht überzeugen, wir begleiten sie, damit sie ihre Wünsche und Vorstellungen umsetzen können«, so Messner. OBI bietet dazu auf seiner Webseite die OBI Ideenwelten. Bei Hornbach können sich Bau- und Sanierungswillige bei Live-Vorführungen innovative Tipps für ihr Zuhause holen. Projektanleitungen, auch z.B. auf der bauMax-Webseite, helfen beim Einbau von Badewanne und Dachfenstern, beim Streichen von Außenfassaden oder beim Verlegen von Fliesen. Der Heimwerker erhält auf einen Blick Transportratschläge, Informationen zum benötigten Material und erforderlichen Werkzeug. Unterstützt werden die Heimwerkertipps durch die Beschreibung der Arbeitsschritte und Videomaterial. Denn die Kunden fordern immer mehr Qualität, sowohl bei den Produkten als auch bei der Beratung. Für jene, die nicht selbst aktiv werden wollen, gibt es selbstverständlich Alternativen. »Viele Kunden sehen sich nicht als Heimwerker, sei es aus Zeitgründen oder weil sie diese Tätigkeiten nicht ausüben können. Für diese Kundengruppe braucht es Profis«, erklärt Martin Essl, Vorstandsvorsitzender von bauMax. Die Spannweite reicht dabei vom Ausmalen über Bodenverlegen bis hin zur Gartengestaltung. Hilfe erhält der Kunde von zu Hause aus auch online. Bei Hornbach läuft diese Beratung unter dem Motto »Auf die Knie, fertig, los.« In einfachen Arbeitsschritten werden die einzelnen Projektphasen optisch aufbereitet. Das Verlegen von Fliesen wird etwa in 16 Schritten näher gebracht, vom Planen der Verlegung über das Auftragen des Fliesenklebers bis zum Verfugen des Fliesenbelages. Daneben greifen Baumärkte auch auf die klassischen Werbemittel wie TV Spots und Prospekte zurück. Online-Newsletter bringen Kunden Sortiment und Handhabung ebenfalls näher. »In der modernen Technik wissen unsere Kunden oft schon mehr als unsere Mitarbeiter. Sie können daheim durch das Internet eine Vielzahl an Produkten miteinander vergleichen, während unsere Mitarbeiter spezialisiert sind. Genau diese Spezialisierung ist aber oft bei der Endauswahl notwendig. Wir stehen dann mit Fachberatern bereit, die auch vor Ort tätig sind«, berichtet Fetter. »Mit der richtigen Unterstützung gelingen selbst knifflige Projekte«, bestätigt OBI-Geschäftsführer Messner.Die Auswahl ist großDie Baumärkte haben sich den heutigen Bedürfnissen und Wünschen ihrer Kunden angepasst. Ein umfangreiches Sortiment ist Grundlage jedes Baumarktes. Aktuelle Trends sind Wärmedämmung sowohl im Dachgeschoß als auch im Fassadenbereich, Solarenergie und thermische Sanierung. Von Einstiegspreislagen bis hin zu Marken und Qualitätsartikeln wird von Bruck/Leitha bis Bregenz ein breites Produktportfolio geboten. Gemeinsam mit der Industrie wird das Sortiment permanent aktualisiert, um die neuesten Systemlösungen zu bieten. »Als größter europäischer Baumarkt entwickelt OBI laufend Regalkonzepte z.B. in Bezug auf Stromerzeugung mittels PV-Modulen«, informiert Dieter Messner.Hoch im KursDen Kunden geht es vor allem um hochwertige Produkte in großer Auswahl für eine individuelle Gestaltung des eigenen Zuhauses. »In Österreich geht der Trend stark in Richtung nachhaltiger Produkte. Die Kunden achten vermehrt darauf, wo ein Produkt herkommt und wie es hergestellt wird. Regionale Produkte werden bevorzugt«, berichtet Martin Essl von bauMax. Vor allem im Werkzeugbereich stehen Markenartikel hoch im Kurs. Generell hat sich die Nachfrage nach Eigenmarken der Baumärkte sehr gut entwickelt. »Der Anteil ist innerhalb von fünf Jahren auf 20 % gewachsen. Besonders die neuen bauMax-Exklusivmarken Green, Good und Cult werden von den Kunden sehr gut angenommen. Die Sortimente werden hier ständig erweitert«, so Essl.Baumarkt grenzenlos?Jenseits der Grenzen sind die österreichischen Baumärkte unterschiedlich aktiv. »Grenzübergreifend können nur die großen Konzerne agieren. Die Nachfrage ist in CEE zwar vorhanden, die Mentalität ist aber eine andere«, analysiert Wirtschaftskammer-Experte Leopold Fetter, der mit ÖBAU Fetter kurze Zeit in Budapest und Zagreb tätig war. OBI dagegen ist als internationales Unternehmen bereits in 13 europäischen Ländern mit über 580 Märkten vertreten und beschäftigt etwa 43.100 MitarbeiterInnen. Auch für bauMax ist grenzüberschreitendes Werken ein wichtiges Thema. »In CEE geht der Trend weg von großen Bauprojekten hin zu kleinen Verschönerungsarbeiten. In der Türkei beispielsweise ist der Servicecharakter besonders ausgeprägt. Hier ist es selbstverständlich, sich von Anfang bis Ende eines Einkaufs beraten zu lassen. Die erworbenen Produkte werden zugestellt und montiert«, nennt Essl, der in der Türkei eng mit regionalen Lieferanten zusammenarbeitet, ein Beispiel. Ein weiteres wichtiges Thema in CEE sind Energiesparprodukte.Niederösterreich ist nicht TirolDie geografischen und klimatischen Verhältnisse variieren von Bundesland zu Bundesland ebenso wie das Marktumfeld und die einzelnen Landesbauordnungen. Daher müssen sich Baumärkte spezialisieren. »Die Zukunft der Baumärkte liegt darin, sich gut auf die Veränderungen in der Gesellschaft einzustellen und die Angebote an Waren und Dienstleistungen optimal darauf abzustimmen«, formuliert Essl. Ebenso entscheidend ist der Einsatz der Multi-Channel-Kommunikation, die an Bedeutung gewinnt. »Online-Shops, Newsletter und Apps – die Kunden kommen bereits vorinformiert in den Markt und erwarten eine fundierte Fachberatung. Die Produkte in den Baumärkten unterscheiden sich nicht mehr wesentlich. Der Service vor Ort macht den Unterschied«, analysiert OBI-Vorstand Messner. Einer der Nutzer dieser Fachberatung ist Philipp – denn die nächsten Sanierungs- und Erweiterungsprojekte warten bereits in Küche und Schlafzimmer auf ihn. Aber das ist eine andere Geschichte.