Die EZB lässt ihren Leitzins nach ihrer Sitzung vom Donnerstag erwartungsgemäß unverändert. Sie reduziert aber ihren Ausblick auf 2013. Nachdem sie zuletzt im Dezember noch von einer wirtschaftlichen Kontraktion um 0,3% ausgegangen war, sieht sie den Ausstoß der Eurozone nun um 0,5% schrumpfen. Drei Monate zuvor hatte sie noch ein Plus von 0,5% prognostiziert. Dabei hält Draghi daran fest, dass sich die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte leicht erholen werde. Für 2014 wird ein leichtes Wachstum von einem Prozent erwartet.
Die Inflation soll auf 1,6% kommen nach 1,6% Vorhersage im Dezember. Für 2014 wird mit 1,3% gerechnet. Die Inflationsprognose liegt damit komfortabel unter dem formal immer noch gültigen Wert von 2% für Preisstabilität. Das gibt Spielraum für einen geldpolitisch lockeren Kurs. Weitere unkonventionelle Maßnahmen sind gegenwärtig jedoch nicht beabsichtigt.
Draghi zeigte sich besorgt über die Kreditzinsen in Südeuropa, die deutlich über denen im Kern der Eurozone liegen. Der monetäre Transmissionsmechanismus funktioniert demnach nicht reibungslos. Das war ursprünglich ein Ziel des OMT-Programms.
Eine griffige Erklärung für diesen Zustand konnte Draghi nicht angeben. Das Liquiditätsproblem der Banken sei durch die EZB gelöst worden, die Eigenkapitalproblematik bestehe aber weiter. Daher sei verständlich, dass die Banken immer noch eine große Risikoscheu an den Tag legen würden.
Draghi verneinte, dass es Pläne gebe, die Kreditbedingungen für KMUs gezielt zu verbessern. Es sei nicht Aufgabe der EZB, Banken von ihren schlechten Assets zu befreien. (Dann frage ich mich, was die EZB bisher getan hat…) Er betonte erneut, dass die EZB wenig gegen hohe Arbeitslosigkeit, geringes Wachstum und politische Unsicherheit tun könne.
Die Entscheidung, den Leitzins unverändert bei 0,75% zu belassen, ist offenbar nicht einstimmig gefallen. Draghi signalisiert, eine baldige Zinssenkung sei nicht sehr wahrscheinlich. Aber die EZB werde geldpolitisch weiter konjunkturstimulierend agieren und den Banken weiterhin so viel Geld zur Verfügung stellen wie erforderlich.
Ein Schlaglicht auf die schwache Konjunktur in der Eurozone wirft im Übrigen der Verlauf der deutschen Industrie-Aufträge. Diese kollabierten im Januar. Dabei war ein starker Anstieg erwartet worden.
Peter Spiegel kommentiert in der FT, der beunruhigende Aspekt an der Feststellung, die Eurozonen-Krise sei wieder da, sei die implizite Annahme, sie sei mal verschwunden gewesen. Die sich selbst gratulierende Stimmung bei den EU-Politikern kontrastiert mit der Rezession, dem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf zweistellige Werte und den weiter hohen Staatsschulden. Die verärgerten Reaktionen der EU-Kommission auf die wiederholten Anwürfe von Krugman passen ins Bild. Die Erkenntnis greift um sich, dass die Austerität einen sich selbst verstärkenden Abwärtszyklus angestossen hat. Das Problem ist nun aber, dass der Fiskalpakt bindend ist.
Also, was die bindende Funktion des Fiskalpakts angeht, da bin ich ganz zuversichtlich. Die EU-Politbürokratie hat sich im Ernstfall noch nie an irgendwelchen Verträgen gestört. Und so wird sie in der Tradition des fortlaufenden Bruchs der europäischen Verträge sicher auch hier einen Weg finden. Allerdings ist noch nicht ganz ausgemacht, dass die EU-Kommission und der „Möchtegern-Keynesianer“ Rehn wirklich gelernt haben und nun die richtigen Schlüsse ziehen. Sie müssten sich dann eingestehen, sich bisher der Realität verweigert und auf der ganzen Linie versagt zu haben. Zuerst müssten sie sowieso die „Märkte“ fragen; deren Reaktion ist ja das, was in ihrer Logik stets zuvorderst zu beachten ist.