By Klaus Singer on Mittwoch, 18. Juni 2014
Category: Architektur, Bauen & Wohnen

Wohnbaupolitik adé

So positiv die Ansagen im Wahlkampf waren, so ernüchternd ist die Realität im Koalitionsalltag. Eine Wohnbaupolitik, die diesen Namen auch verdient, ist nicht Sicht. 

Vor der Wahl ist längst nicht nach der Wahl. Eigentlich aufgrund langjähriger Erfahrungen eine Binsenweisheit, trotzdem ist die Enttäuschung erneut stets groß. Die letzten Entwicklungen zur österreichischen Wohnbaupolitik stimmen bedenklich. Während sich im Vorwahlkampf Politiker aller Couleurs das Thema »leistbares Wohnen« auf die Fahnen hefteten und sich der Dringlichkeit der Wohnbaupolitik plötzlich sehr bewusst waren, ist nun, sechs Monate nach der Wahl, alles anders. Vielversprechend waren noch die Absichten der Koalitionspartner im vergangenen Herbst: Gemäß Koalitionsabkommen sollten immerhin 276 Millionen Euro aus dem Verkauf der Mobilfunklizenzen in die Wohnbaubudgets der Länder fließen, um zusätzliche Wohnbaueinheiten zu schaffen, in den beiden folgenden Jahren immerhin jeweils weitere 200 Millionen Euro. Wie letztens an dieser Stelle bereits angemerkt, findet man offensichtlich im Gleichklang zwischen Bund und Ländern keine »Möglichkeit«, diese Gelder zu verteilen und einzusetzen.

100 Millionen mit einem Federstrich
Die Budgetrede des Finanzministers unterstreicht die Ambitionen der Koalition, die Wahlkampfthemen ernsthaft umzusetzen. Von den versprochenen 276 Millionen Euro wurden mit einem Federstrich gleich 100 Millionen gestrichen. Kein gutes Signal und ein weiteres Zeichen, dass die Wohnbaupolitik hierzulande im Argen liegt. Offensichtlich kann man es sich leisten, den Beitrag des Wohnbaus zum Bruttoinlandsprodukt in der Höhe von rund 5 % gänzlich zu negieren. Diese Entwicklungen sind aber letztendlich die Folge dessen, dass mit der Abschaffung der Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel im Jahr 2008 jegliche Wohnbaukompetenzen auf Bundesebene abgegeben wurden. Es ist aber sicherlich nicht zu viel verlangt, dass man für das unter dem Titel »Wohnbauförderung« eingehobene Steuergeld – Arbeitgeber und Arbeitnehmer steuern in Summe 1 % der Bruttolohn- und -gehaltssumme bei –  auch Verantwortung übernimmt.


Ein Blick in die Immobilieninserate zeigt: Wenn man nicht bald die Initiative ergreift, wird Wohnen letztendlich aufgrund des geringen Angebots bald unfinanzierbar. Die Wand, gegen die man die österreichische Wohnbaupolitik fahren lässt, ist bereits gut zu sehen. Für ein Ausweichmanöver ist es nie zu spät!