Vor zehn Jahren ist die Immobilienblase geplatzt. Kaum sind die Schmerzen abgeklungen, geht die Angst vor der nächsten Finanzkrise um – diesmal verursacht durch Studentenkredite.
Tom ist 56, in einem Alter also, in dem die Überlegung, sich etwas für die Rente auf die Seite zu legen, nicht zu früh kommt. Aber statt mit der Vorsorge beschäftigt sich der Wissenschafter aus New York City mit Altlasten. Er hat immer noch 60.000 US-Dollar auf seinen Studentenkredit offen. Ans In-Pension-Gehen kann er gar nicht denke, ehe die Altlast getilgt ist.
Die Kosten fürs Studieren sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten explodiert. 60.000 pro Studienjahr kosten selbst mittelmäßige Unis. Wer an die vier Jahre bis zum Bachelor noch ein Master-Studium anhängt, steigt ins Berufsleben ein und hat für seine Ausbildung gut und gerne eine halbe Million ausgelegt.
»Das Monster unterm Bett sind die Studentenkredite, die größer und größer werden.« So zitiert CNBC Daniel Strong, einen 36-jährigen Familienvater aus Charlottesville, Virginia. Seit seinem Abschluss zahlt er Monat für Monat 800 Dollar zurück und hat immer noch 350.000 ausständig. »Es ist wirklich stressig, daran zu denken, dass man arbeiten muss, bis man tot umfällt, um seine Ausbildungskosten abzustatten.«
Bis 2022 wird das Volumen aller ausständigen Studentenkredite auf zwei Billionen US-Dollar steigen und Experten gehen davon aus, dass ein Gutteil davon nie abgezahlt werden wird. Rund ein Viertel der Schuldner ist jetzt schon mehr als 90 Tage mit der jüngsten Ratenzahlung in Verzug und wandelt am Rande der Zahlungsunfähigkeit.
CNBC zitiert Barmak Nassirian, den Direktor der American Association of State Colleges and Universities : »Die Kosten steigen, der Konsument zahlt trotzdem, weil er einfachen Zugang zu von Washington gestützten Krediten hat. Das ist dem, was auf dem Immobilienmarkt geschehen ist, erschreckend ähnlich.«
Das Brookings Institute geht davon aus, dass in den kommenden fünf Jahren 40 Prozent aller Studentenkredite nicht mehr bedient werden können.
Mit schuld sind oftmals Ramsch-Universitäten, die zwar hohe Kosten, aber keine brauchbare Ausbildung liefern. »Sie nehmen vor allem Studenten aus ärmeren Verhältnissen ins Visier, verhelfen ihnen zu Krediten und lassen sie in die Schuldenfalle tappen.«
Studenten der Harvard Law School haben sich dem Kampf gegen diese unlauteren Praktiken verschrieben und Gerichtsprozesse unterstützt, wie jenen gegen ITT Tech, eine Universität, die im vergangenen Jahrzehnt elf Milliarden eingenommen hat, 98 Prozent davon aus Studiengebühren, finanziert durch Bundeskredite. In der Klage wollen ehemalige Studenten, dass ihnen 500 Millionen an Schulden erlassen werden – und sie haben damit gute Chancen. In einer einstweiligen Verfügung hat das zuständige Gericht die Schuldeneintreibung gestoppt und die Vorgangsweise von ITT Tech als unfair und irreführend bezeichnet.
»Seit Jahrzehnten haben Ramsch-Unis Studenten hohe Schulden statt höhere Bildung gebracht und sie damit um eine bessere Zukunft betrogen«, kritisieren die Harvard-Juristen und belegen in einer Studie, dass nur 25 Prozent der Ausgaben von Privat-Universitäten tatsächlich für bildungsrelevante Themen ausgegeben wurden. Der Großteil ging für Werbung, Marketing, Gehälter der Manager und Gewinnausschüttung für Aktionäre drauf. Mit dem Traum vom eigenen Haus und dem Traum vom beruflichen Aufstieg durch bessere Bildung machen manche Riesengeschäfte – und andere zahlen die Zeche.n