Das Wahlergebnis vom 29.9. 2013 ist kein Auftrag an die bisherigen Regierungsparteien ihren Weg fortzusetzen. Das Argument, dass sie es trotzdem tun müssten, weil es keine „vernünftigen“ Alternativen gebe, ist so abgenutzt wie falsch, und kann eigentlich nur verwendet werden, weil die Oppositionsparteien in Opposition zu sich selber stehen und weil eine falsche Grundidee sich in den Köpfen der Parteienvertreter festgefressen hat: Die Regierung sei von Parteien zu bilden, die sich fest mit einem Koalitionspakt aneinander binden, um parlamentarische Mehrheiten zu sichern. Je größer die Mehrheit, desto schlagkräftiger die Regierung – so das bisherige Argument, das sich selbst ad absurdum geführt hat. Die vermeintlich stabilste Koalition hat sich als schwach erwiesen und die großen Probleme des Landes nicht gelöst.
Das Land hat sich in eine Pattsituation manövriert, weil Sozialdemokraten und Grüne grundsätzlich erklären mit der FPÖ nicht zu wollen, was die Möglichkeit der bisherigen Form der Regierungsbildung dramatisch einschränkt. Grüne und nunmehr NEOS rittern in dieser Konstellation darum, früher oder später in die Rolle des koalitionären Steigbügelhalters aufzusteigen, und den bisherigen Regierungsparteien eine Fortführung des Kurses zu erlauben, irgendwann wenn sich die Österreicher einmal dazu durchringen sollten, ihre Frustration über das System auch bei einem Urnengang noch stärker zum Ausdruck zu bringen.
Die Perspektive - in fünf Jahren vielleicht – statt Rot-Schwarz eine etwas buntere Variante in Form von Rot-Schwarz-Grün oder Rot-Schwarz-Pink zu haben, ist alles andere als verlockend, weil diese Republik nicht nur einen Farbtupfen braucht, sondern einen komplett neuen Anstrich.
Es ist Zeit, das System neu zu denken und dabei Anleihen bei westlichen Demokratien zu nehmen, die uns seit Jahrhunderten vor hüpfen, wie Demokratie geht. In drei Schritten könnte der Stillstand der österreichischen Politik aufgebrochen und ein Neustart möglich werden.
Der erste Schritt ist, die Einführung der Gewaltenteilung, die im Moment ja nur auf dem Papier besteht. Zur Zeit schreibt sich die Exekutive die Gesetze, die sie gern umsetzen will, gleich selber. Das Parlament zeichnet bloß gegen, was in den Ministerien erarbeitet und am Ballhausplatz beschlossen wird.
Das Parlament muss zu einem tatsächlich gesetzgebenden Organ gemacht werden, das in der Lage ist, Gesetze zu formulieren und zu implementieren. Dazu braucht es eine massive Verlagerung von Ressourcen von der Exekutive in Richtung Legislative.
Der zweite Schritt hängt mit dem ersten zusammen: Ein starkes Parlament statt einer „starken“ Koalition macht die Emanzipation von einem bisherigen Dogma möglich. Eine Regierung braucht nicht eine in einem umfassenden Koalitionspakt festgelegte Mehrheit im Parlament für alles und jedes. Sie braucht sie bei der Bestellung und beim Budget, sie braucht sie um ein Misstrauensvotum zu überstehen, in allen anderen Fragen kann eine Regierung im Parlament Abstimmungen verlieren, ohne dass die Welt untergeht.
Der dritte Schritt ist der schwierigste, weil er von den Akteuren verlangt, dass sie aus ihrem bisherigen Kastldenken aussteigen. Die Parteien, die sich auf eine Aufwertung des Parlaments verständigen, einigen sich auf eine Ministerliste, die nicht nach Parteiprioritäten zusammengesetzt ist, sondern nur auf die Qualifikation der Akteure schaut. Das Farbendenken hinter sich zu lassen, ist die Herausforderung aber auch die Chance.
Auf diese Weise wäre es möglich einen Hans Peter Haselsteiner zum Finanzminister zu machen, weil er in seinem bisherigen Berufsleben bewiesen hat, dass er einen Konzern zur europäischen Spitze führen kann und weil er Finanzen versteht. Eine Monika Langthaler könnte Umweltministerin werden, ein Wolfgang Petritsch Außenminister und ein Dietmar Böhmdorfer Justizminister.....um einige Beispiele zu nennen.
Bundeskanzler wird ein Experte, der nicht durch die Parteienkaderschmiede gegangen ist, oder sich von ihr emanzipiert hat: ein Hannes Androsch oder ein Erhard Busek zum Beispiel...
Diese Regierung wäre fundamental schwach, weil jedes ihrer Mitglieder jederzeit einem Misstrauensvotum zum Opfer fallen kann, aber dadurch würde nicht gleich die ganze Regierung stürzen.
Diese Regierung wäre mit einem Ablaufdatum versehen, weil sie mit dem Auftrag antritt, einen Übergang vom alten in ein neues System zu ermöglichen. Es wäre klar, dass sie dann Platz macht, wenn Reformen auf die Reise geschickt sind, die Österreich Bewegung statt Stillstand garantieren.
Es wäre ein Anfang gesetzt, nicht mehr! Ein langer Marsch steht bevor, der eine völlige Neugestaltung aller wesentlichen Politkbereiche zum Ziel hat.
Aber um diese Reise beginnen zu können, muss man sich zunächst eingestehen, dass die Republik in ihrer derzeitigen Verfasstheit am Ende ist.
Keine Gruppierung allein hat die Antworten auf die immer komplexer werdenden Fragen. Aber statt auszugrenzen, zu blockieren und zu diffamieren, einzuladen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wäre ein Beginn.....