Nachdem wir im ersten Teil ein grundsätzliches Bild zur aktuellen Krise und den Erfordernissen in Organisationen entwickelt haben und im Überblick mit dem Ansatz zu Excellence, zu Unternehmensqualität verbunden haben, geht es nun um die tieferen Inhalte von Unternehmensqualität und deren Beitrag zur Krisenbewältigung.
Wir haben dazu Dr. Franz-Peter Walder, langjähriger Assessor für Excellence und Auditor für Managementsysteme, sowie geprüfter Unternehmensberater befragt:
Führung im Fokus
Gerade der Ansatz des Ermächtigens, der Eigenständigkeit und des Förderns von Gestaltung und Konsequenz ist in der Krise essentiell.
Die Unwägbarkeit, Unsicherheit und Bedrohung der Krise erfordert gerade von Führungskräften starke persönliche Präsenz, das klare Ermächtigen der Menschen mit transparenter Kommunikation der Rahmenentscheidungen und der laufenden Klärung der Fragen: WARUM, WAS, WIE. Die erforderliche Extra-Meile vieler Menschen wird möglich.
Klarheit und Konsequenz in der Umsetzung und die Vermeidung von Ausnahmen sind gerade jetzt von besonderer Bedeutung. Intensive Kommunikation die noch breiter adressiert, mehr involviert, stärker die Hintergründe erläutert und bewusst stärkendes Feedback integriert, ist unerlässliche Führungsaufgabe.
Vertrauen reduziert den Kommunikationsaufwand, macht mutig und ermöglicht eigenständige Entscheidungen der Führungskräfte in allen Ebenen. Dies wiederum verringert den Bedarf an der Steuerung einzelner Aufgaben in der Krisenbewältigung.
Es ist nie zu spät an genau diesen Zugängen zu arbeiten. Natürlich tun sich Organisationen leichter, die schon lange vor der Krise die damit verbundenen Führungsansätze und –stile leben.
Betreffend Werte, Haltung und Kultur braucht es Klarheit und Stabilität
Mehrere Werte und deren Umsetzung werden im Excellence-Ansatz klar adressiert: Gleichbehandlung, Gleichstellung, Diversität, lebendige Nachhaltigkeit in den Dimensionen sozial, ökonomisch, ökologisch und die Partnerschaftlichkeit im Eco-System.
Exzellente Unternehmen integrieren diesen grundsätzlichen, europäischen Werte-Kanon in ihren jeweils individuell ausgeprägten Handlungsrahmen. Zuverlässigkeit, Handschlagqualität in der Kunden/-Lieferantenbeziehung, Eigeninitiative, Integrität und Loyalität sind hier meist anzutreffende Ausprägungen. Jedenfalls besteht in Exzellenten Unternehmen betreffend Werte und Kultur Klarheit. Werte und Kultur sind dargestellt, reflektiert und im täglichen Tun integriert.
Dies muss in der Krise unverändert bestehen bleiben. Krisenzeiten sind ein harter Prüfstein für Werte und machen den Unterschied zwischen publizierten und wirklich gelebten Werten sowie der entsprechenden Haltung und Kultur klar sichtbar.
Alle Beteiligten in der eigenen Organisation und im gesamten Eco-System achten besonders in herausfordernden Zeiten der Krise auf die Klarheit und Stabilität.
Auf Ausgewogenheit betreffend HEUTE, MORGEN und ÜBERMORGEN achten
Jede Krise erzwingt einen unbedingten Fokus auf das HEUTE und MORGEN, das Durchleben und Überleben.
Nachdem jede Krise auch ein Wendepunkt ist, braucht es aber für das ÜBERMORGEN, für die Rückkehr ins Geschäft mit neuen Rahmenbedingungen und den Aufbruch zu Neuem ein Mindestmaß an Perspektive und Energie.
Größere Organisationen sollten bzw. müssen neben dem „war-room“ zur Bewältigung des HEUTE auch ein Planungsteam aufsetzen, das die Rückkehr in das neue Normal vor-denkt und gestaltet, dort Gefahren und Chancen betrachtet und dabei auch die Potenziale aus dem Wendepunkt aufgreift. Kleinere Organisationen haben meist nicht die Kapazität dies in getrennten Teams abzubilden. Dort braucht ein Führungsteam unbedingt Zeitfenster für diesen Schwerpunkt.
Es geht nicht (nur) um das Wiederherstellen eines VORHER sondern um das neu denken des ÜBERMORGEN und dieses Übermorgen hat ohne bewusste Fokussierung in der Krise keinen Anwalt.
Veränderungen im ECO-SYSTEM gestalten
Die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller wichtigen Interessengruppen ist wichtiger Bestandteil im Excellence Ansatz. Das Grundprinzip ist einfach: im Sinne nachhaltiger Erfolge wird in fairer Aufteilung und unter Nutzung von Synergiepotenzialen gemeinsam entwickelt umgesetzt und der Erfolg geteilt. Dies gilt es auch in der Krise beizubehalten. Allerdings ändert die Krise manchmal sehr schnell die Mitspieler im Ecosystem. Sowohl Mitbewerber als auch Leistungspartner existieren nicht mehr oder werden in völlig anderer Form geführt.
Nicht alle werden dem benannten Anspruch gerecht, in der Knappheit werden manche Usancen der fairen Zusammenarbeit verlassen und kurzfristige Vorteile gesucht.
Auch ändern sich Kundenanforderungen, Regulatorien und weitere Anforderungen an die Wertschöpfungsketten genauso wie Verfügbarkeiten und Kostenbilder. Genau in dieser Unwägbarkeit können stabile Beziehungen im Eco-System vertrauensbildend wirken und Tragfähigkeit darstellen.
Die Gestaltung des ÜBERMORGEN, also der Zukunft und der entsprechenden Kommunikation betrifft damit neben der eigenen Organisation auch das Netzwerk der Beteiligten im Eco-System, im Wertschöpfungsnetzwerk.
Die für exzellente Unternehmen üblichen Handlungsweisen, das laufende updaten, laufendes Feedback und aktives gemeinsames „Weiter-Denken“ unterstützen die Zukunftsfähigkeit und die Möglichkeit, neue Chancen erfolgreich aufzugreifen.
Im Schwierigen auch die Chance zu sehen
Im Moment des Durchlebens der Krise findet man als Betroffener zuerst nichts Sinn- oder Wertvolles. Unsicherheit, Belastung, Sorge und auch Angst dominieren.
Der Wendepunkt den jede Krise darstellt, macht jedoch viele Veränderungen und Verbesserungen sichtbar und möglich. Stabile Werte und gelassene Führung ermöglichen die Innovationskraft die es braucht um Chancen zu sehen, Veränderungen und Verbesserungen umzusetzen und dies auch in Geschäftsmodellen ertragswirksam zu verankern.
Wenn schon der Schaden groß ist, so können die Rückkehr in das Geschäft mit neuen Rahmenbedingungen und der Aufbruch zu Neuem, inhaltlich und organisatorisch-kulturell, wirklich eine substanzielle Weiterentwicklung darstellen.
Die unabdingbaren Handlungen während des Durchlebens der Krise machen sichtbar, wie schnell und wie weit Veränderung gehen kann.
Kulturell werden in der Krise harte Nüsse geknackt die meist schon lange auf „Behandlung“ warten. Auch machen Wende- und Umbruchzeiten immer wieder verborgene Schätze sichtbar – ob personell oder inhaltlich-technologisch oder im Umgang mit Partnern in der Wertschöpfung. Man braucht nur den richtigen Zugang um diesen neu entdeckten Schätzen auch Raum zu geben
Dies bedeutet, dass der Excellence-Approach auch in der Zeit der Krise bei richtiger Betrachtung ein wertvoller Impulsgeber und Inspiration ist.
Excellence und Unternehmensqualität sind damit nicht Luxus sondern Stärkung im Umgang mit der Krise