By Nicole Mayer und Michaela Drascher on Mittwoch, 17. Juni 2020
Category: Qualität und Effizienz

Warum sind Organisationen mit hoher Unternehmensqualität besser gerüstet für Krisenzeiten?

Wir haben dazu Dr. Franz-Peter Walder, langjähriger Assessor für Excellence und Auditor für Managementsysteme, sowie geprüfter Unternehmensberater befragt:

Einen Schlüsselsatz aus einem elf Jahre alten Aufsatz zu Management von Ian Davis (McKinsey) anlässlich der globalen Finanzkrise, könnte man genau gleich jetzt, mitten in der Corona-Krise formulieren:

For some organizations, near-term survival is the only agenda item. Others are peering through the fog of uncertainty, thinking about how to position themselves once the crisis has passed and things return to normal.
The question is, “What will normal look like?” While no one can say how long the crisis will last, what we find on the other side will not look like the normal of recent years.”

Wahrscheinlich sind aktuell durch den extrem schnellen, beinahe zeitgleichen globalen Shutdown sowohl die Erfordernisse das Überleben betreffend, als auch die Überlegungen im Blick nach vorne extremer und intensiver.

In diesem Umfeld ist der Fokus auf Initiativen betreffend Qualität, Unternehmensqualität und Excellence in vielen Organisationen zumindest kurzfristig weit nach hinten gerückt. Genau hier wollen wir eine alternative Perspektive anbieten und konkret vorstellen.

Das Phänomen Krise

Wie einleitendes Zitat von vor elf Jahren zeigt, sind langfristig betrachtet Krisen für Organisationen nichts Ungewöhnliches. Krisen sind dabei in der Mehrzahl selbst verursacht (und damit vermeidbar) und manchmal von außen induziert, praktisch unausweichlich.

Die Wirtschaftskrise, zwecks Eindämmung von Corona, wurde durch bewusste Entscheidungen der jeweiligen Regierungen ausgelöst. Es gilt das Gesundheitssystem aktionsfähig zu halten und Leben zu retten. Betroffen sind breite Bereiche des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens. Vorhersage, Früherkennung oder Vorbereitung waren für die Betroffenen praktisch unmöglich. Inzwischen aufkommende harte Kritik an der Kommunikation der früh Betroffenen, der WHO und auch unterschiedlicher Verantwortungsträger ändert nun nichts mehr für die Betroffenen der Wirtschaftskrise – und um genau die geht es hier.

Was unabhängig von Auslöser, Geschwindigkeit und Intensität allen Krisen gemein ist, ist die Grundaussage, dass jede größere Krise normaler Weise einen Wendepunkt in einem System darstellt. Dieser Wendepunkt ist gekennzeichnet durch Unwägbarkeit und Gefahren, aber genauso durch Chancen.

Unabhängig vom Auslöser müssen nun Führungskräfte aller Ebenen die Verantwortung für Organisationen tragen, in der Krise präsent zu sein. Es gilt bei aller Unklarheit laufend Entscheidungen zu treffen, zu kommunizieren und damit zur Klarheit und gegebenenfalls auch Handlungsfähigkeit für möglichst Viele in der Organisation beizutragen.

Phasen der Krise aus Sicht der Verantwortungsträger

Eine auf Langfristigkeit ausgerichtete Organisation braucht Führungskräfte mit der Fähigkeit die aktuellen Herausfordernden zu bewältigen und dies mit Arbeit an der Zukunft zu verbinden. Diese Herausforderung lässt sich für die Krise in folgende Abschnitte gliedern:

 

HEUTE

Durchleben der Krise mit Klarheit

 

Für den aktuellen Umgang mit allen Einschränkungen, Änderungen und Unwägbarkeiten braucht es klare, entschlossene Signale der Führung.

Aus Klarheit der Führung (wenn sie auch noch so schwierig ist) gewinnen Betroffene eine Perspektive, schöpfen Kraft und sind selbst deutlich handlungsfähiger.

HEUTE zu MORGEN

Erhalten der Überlebens-fähigkeit mit Resilienz

Faktenbasiertes Handeln ist wichtig. Gesicherte Liquidität auf Basis auch radikal adaptierter Planung hat höchste Priorität.

Die Regierung unterstützt mit vielen Initiativen, aber im Detail dauert es lange bis Liquidität bei den Betroffenen ankommt.

Es gilt auch Eines zu bedenken: verschobene Zahlungen verschwinden nicht, sie können dann schlagend werden, wenn man finanzielle Kraft für die Rückkehr braucht.

MORGEN

Rückkehr in das alte Geschäft mit neuen Rahmenbedingungen

 

Je nach Zweck werden viele Organisationen ihr Geschäftsmodell neu denken (müssen). Ein Teil der Mitspieler im ECO-System wird fehlen, Lieferketten gilt es neu zu gestalten und es wird bewusst, dass auch nur EIN schwaches Glied in der Lieferkette dramatische Nachteile bewirkt.

Es gilt das gesamte Geschäftsmodell zu hinterfragen – und es wird möglicherweise in vielen Teilen zu verändern sein.

Dies ist nicht nur Aufwand, dies ist auch eine Chance die genutzt werden will.

ÜBERMORGEN

Aufbruch zu Neuem

 

Der Schock von Krisen sitzt tief – hier braucht es mutige Impulse zur Vorwärtsbewegung, zum Erproben und zum Aufgreifen neuer Präferenzen.

Es gilt nicht unreflektiert den Zustand von „VORHER“ wieder herzustellen, sondern neue Opportunitäten nach dem Wendepunkt zu sehen und zu Neuem aufzubrechen

 

Wertvolle Ausprägungen für die Krisenbewältigung zufolge Excellence

In der aktuellen Fassung des EFQM-Excellence-Modells wurden Aspekte wie geopolitische Unsicherheiten, Instabilitäten und Krisen als immer wieder auftretende Rahmenbedingungen für exzellente Organisationen bewusst mit einbezogen.

Mut, Agilität, Gestaltungswille, Fähigkeit zur Veränderung und Konsequenz sehen wir beispielsweise auch unabhängig von der aktuellen Krise ganz klar als wichtige Eigenschaften oder auch Kulturmerkmale exzellenter Organisationen. Es ist klar dass genau diese Eigenschaften in Excellence-Programmen durch (Selbst)Bewertungen und laufende Verbesserungen gestärkt werden.

Wir sehen im Excellence Ansatz die Menschen im Mittelpunkt. Es sind die Menschen und deren Vertrauen die den Unterschied ausmachen. Stabile Führungsbeziehungen, Klarheit und Transparenz sorgen für Richtung, Sinnverständnis und für Energie – auch in stürmischen Zeiten. Diese Energie ist spürbar, Kraft kann sich selbstorganisiert entfalten, die Organisation kann die Herausforderung der Krise besser bewältigen

Führungskräfte aller Ebenen haben dabei Beides im Blick: die Erfordernisse im Durchleben der Krise und der Blick auf die Rückkehr in ein zukünftiges Tagesgeschäft mit Aufbruch zu Neuem.

Die üblichen Merkmale exzellenter Unternehmensqualität wie Richtungsklarheit, Verantwortungsbewusstsein, Transparenz, hohe Kundenbindung und Mitarbeiterloyalität sowie ausgeprägte Veränderungsfähigkeit sind insbesondere in Zeiten hoher Unsicherheit von großem Wert.

Dies bedeutet, dass bei exzellenten Organisationen auf der kulturell-emotionalen Ebene mehr Energie, Überlebenswille und stärkeres Vertrauen als Basis und Erneuerungsfähigkeit gegeben sind.

Exzellente Organisationen verbinden diese kulturelle Stärke auch einem klaren, pragmatischen Zugang zu Zielen, Planung und zur Weiterentwicklung und Kommunikation dieser Pläne.

Vernunft und Emotion werden bei exzellenten Organisationen verbunden – und dies entspricht auch der Art und Weise wie Menschen wirkungsvoll leben und agieren.

 

In Kürze folgt Teil 2.