By Redaktion on Dienstag, 11. Dezember 2018
Category: Qualität und Effizienz

Design Thinking II: So funktioniert die Praxis

Wie kann aus dem Modell des Designdenkens eine greifbare Methode werden, die nicht nur auf dem Papier Neues entstehen lässt? Agentur-Chef und Wirtschaftsprofi Thomas Holzhuber nimmt die Schlüsselfaktoren unter die Lupe – und gibt Tipps für die Umsetzung.

Design Thinking ist ein Ansatz, der Unternehmen dabei unterstützt, Probleme zu lösen, aus Routineprozessen auszubrechen und auf effiziente Weise neue Lösungen zu kreieren. Er greift auf drei gleichwertige Grundprinzipien zurück: Team, Raum und Prozess.

1) Team

Um Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, werden oftmals hochspezialisierte Fachleute mit der Entwicklung betraut. Das Ergebnis: Die erarbeiteten Experten-Lösungen sind fallweise zu komplex und wenig anwenderorientiert – als Beispiel kann hier eine simple TV-Fernbedienung genannt werden, die gern über ein derart umfassendes Funktionsangebot verfügt, das den Nutzer überfordert. Wer hingegen eine Lösung entwickeln möchte, die den Anwender von Anfang an miteinbezieht und ergebnis- und feedbackoffen ist, geht mit dem Designdenken neue Wege. Als Fundament wird hier nämlich auf interdisziplinäre Teams aus verschiedenen Abteilungen, Fachrichtungen und Hierarchiestufen gebaut. Auch ein Mix aus internen Mitarbeitern und externen Teilnehmern oder Beratern ist hinsichtlich des Generierens verschiedener Blickwinkel erfolgsversprechend.

2) Raum

Im Zentrum steht hier ein „open space“ als inspirierender und offener Begegnungsraum, der zu kreativem Denken einlädt. Auch das Thema Dynamik spielt eine wichtige Rolle: Dynamische Ideen brauchen dynamischen Raum – und so sollte sich dieses Prinzip in einem Mix aus unterschiedlichen Möbeln wie Barhockern, Liegestühlen, Sitzwürfeln oder Stehpulten widerspiegeln. Weiteres Inventar: Whiteboards – oder eine ähnliche Möglichkeit, Ideen großflächig aufzumalen oder aufzuschreiben, eine Uhr zum Einhalten der vorgegebenen Prozesse sowie vielfältiges Bastelmaterial für das Darstellen von prototypischen Ideen. Für die konkrete Umsetzung bieten sich zwei Varianten: Zum einen können Unternehmen selbst einen solchen Raum einrichten und ihre kreativen Prozesse in dieses Setting übertragen, zum anderen nutzen viele Organisationen die Unterstützung eines externen Beraters oder einer Agentur, die Design-Thinking-Workshops anbietet und ein entsprechendes Umfeld zur Verfügung stellt.

3) Prozess

Umgesetzt wird das Design Thinking innerhalb eines definierten Prozesses: Dieser kann entweder als Sprint-Design stattfinden, wobei eine Aufgabenstellung definiert wird und diese in 5 Tagen komplett gelöst bzw. abgearbeitet wird. Oder es wird eine Projektzeit von ca. 4-12 Monaten definiert, wobei jedes in regelmäßig und definierten Intervallen stattfindende Meeting eine Teil-Aufgabenstellung bedient und diese in Design-Thinking-Bootcamp-Form gelöst wird. Die Bootcamps sind zeitlich limitiert und orientieren sich an folgendem iterativen Ablauf: Brainstorming von Ideen zur Lösung der Teil-Aufgabenstellung, Prototyping der Ideen, um die entwickelten Gedanken und Modelle greifbar zu machen (hier werden die Lösungen mit einfachen Bastelutensilien symbolisch erstellt) und anschließend Testen der Ideen in der Anwendergruppe mit Hilfe der gebastelten Prototypen. Das Feedback wird eingearbeitet und neue, darauf aufbauende Ideen und Prototypen erneut getestet. Das garantiert in jedem Schritt das Mitberücksichtigen des Anwenders und vermeidet praxisferne Lösungen.

Best practice: Effizienzsteigerung in der TV-Soap-Produktion

Fernsehautoren von TV-Soaps müssen Storys unter hohem Zeit- und Kostendruck entwickeln. Die Produktionsfirma Grundy UFA setzte ein interdisziplinäres Design-Thinking-Team aus den Bereichen Medizin, Betriebswirtschaft, Medien-, Kultur- und Kommunikationswissenschaft ein, mit dem Ziel, die Effizienz der Produktion zu steigern. Nach einer Beobachtungsphase erkannten die Design-Thinking-Experten folgende Herausforderungen: Die Autoren setzten auf alte Technologien wie Karteikarten und haben Probleme, ihre Ideen visuell darzustellen – gerade gegenüber anderen Schritten der Serienproduktion wie Schnitt und Post Production gibt es hier einen eindeutigen Technologienachteil. Als erster Lösungsprototyp wurden Legosteine eingesetzt, die das Visualisieren von Szenen schon deutlich erleichterten. Im Anschluss daran wurde eine Spezialsoftware entwickelt, die die Karteikarten und die damit verbundene Zettelwirtschaft mittels intuitivem Interface, Touchscreen und Sprachsteuerung ablöste.

Fünf gute Praxistipps


Buchtipps zu Team, Raum, Prozess

Creative Confidence – Unleashing the creative potential within us all/ Tom Kelley & David Kelley

Make space – How to Set the Stage for Creative Collaboration /Scott Doorley & Scott Witthoft

Sprint – Wie man in nur 5 Tagen neue Ideen testet und Probleme löst/Jake Knapp mit John Zeratsky & Braden Kowitz

 

Über Thomas Holzhuber:

Digitalexperte und Wirtschaftsprofi Dr. Thomas Holzhuber gründete seine Online-Agentur "holzhuber impaction" 1994 als erste E-Consulting Agentur in Österreich. Als strategischer Berater ist er vor allem Experte in den Bereichen Digitale Trends, Design Thinking, Financial Technologies, E-Commerce, Big Data und Internet of Things.

www.designdenken.at