„Die großen Internet-Konzerne dürften sich ins Fäustchen lachen, angesichts der neuesten Ideen, die EU-Kommissarin Neelie Kroes in ihrem Entwurf für einen gemeinsamen europäischen Telekommunikationsmarkt vorstellt. Schön weit hinten im Papier, auf Seite 36, steht der Satz, der alles verändern kann. Geht es nach Kroes, dürfen Diensteanbieter und Provider in Zukunft untereinander vertraglich vereinbaren, wie der Internet-Verkehr zu den einzelnen Diensten geregelt wird. Zu Deutsch: wer bezahlt, kann sich so eine bislang undenkbare Vorzugsbehandlung erkaufen.
Das hehre Ziel des Papiers, Wettbewerb zu fördern und Wachstum zu bringen, wird damit ad absurdum geführt. Im Gegenteil: es bringt eine massive Benachteiligung kleiner, innovativer Diensteanbieter – und eine inakzeptable Bevormundung der User. Denn machen wir uns nichts vor. Ein neuer Dienst kann noch so attraktiv sein – wenn es ruckelt und zuckt, wird er sich nicht durchsetzen. Und die Großen lachen sich ins Fäustchen – unliebsame Konkurrenz kann so erst gar nicht erstarken.
Dass die Provider die Idee dennoch begrüßen, ist verständlich. Der Netzausbau kostet Geld, und es wird immer schwieriger, dieses Geld wieder einzuspielen. Und natürlich sollen sie die Möglichkeit bekommen, über neue Dienste und Geschäftsmodelle genau dies zu tun – da kommt der Vorschlag von Frau Kroes und die damit neue Einnahmequelle gerade recht. Doch der Weg ist der Falsche. Das Internet ist nicht der richtige Ort für intransparente Absprachen, gegen die sich die User nicht wehren können und die das Potential haben, ihr Kommunikationsverhalten zu verändern. Da stellt sich die Frage, ob die Kommissarin das Prinzip des Netzes überhaupt verstanden hat?
Ehrlicher wäre es, den Kunden die Wahl zu lassen: Wer schneller oder mehr surfen will, darf gerne auch stärker zur Kasse gebeten werden. Auch bei den Geschäftskunden dürfte sich ein solcher Ansatz durchsetzen lassen. Hier ist man es gewohnt, für mehr Leistung auch mehr zu bezahlen.