Der Abschluss der Klimaverhandlungen in Paris im Dezember 2015 hat bei vielen Europapolitikern Jubelstürme ausgelöst. Die Diskussionen seither sind geprägt von Stolz über den internationalen Durchbruch und dem Bestreben, die Schrauben in der europäischen Klima- und Energiepolitik enger anzuziehen.
(Dr. Andreas Pfeiler ist Geschäftsführer des Fachverbands Steine-Keramik.)
Die Reform des Emissionshandels (ETS) ist ein Mittel, mit dem die Ziele von Paris erreicht werden sollen. Seit Jahren ringt die Gemeinschaft darum, diesen Minotaurus, der im bürokratischen Labyrinth seine Opfer frisst, in ein Zugpferd vor dem Karren der Wirtschaft zu verwandeln. Es bietet sich derzeit die einmalige Chance, beherzte Reformen umzusetzen und die nächste Verpflichtungsperiode des ETS zu einem Erfolg zu machen. Spannende Konzepte und Modelle für diesen Umbau gibt es genug.
Tatsache ist, dass letzten Sommer jegliche Diskussion über eine grundlegende Reform durch den halbherzigen Vorschlag der EU-Kommission abgewürgt wurde. Es wird allen Ernstes in Frage gestellt, dass die europäische Industrie durch den ETS ein Problem mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit hat, weil sie mit Kosten belastet ist, die es außerhalb der EU nicht gibt.
Klimaschützer werden jetzt argumentieren, dass doch in Paris zahlreiche Staaten ihre Reduktionsvorhaben auf den Tisch gelegt haben. Aber sind diese denn vergleichbar? Wer ist davon betroffen? Was ist der Ausgangspunkt der Reduktionsberechnung und wo sind die Potenziale? Eine Produktionsstätte am Stand der Technik hat naturgemäß geringere Potenziale als Anlagen, die seit 20 Jahren keine Modernisierung erfahren haben.
Sollen wirklich jene bestraft werden, die ihre Hausaufgaben schon erledigt haben? Noch schwerer zu beantworten ist die Frage, was passiert, wenn der bisherige Schutz der Industrie vor Carbon Leakage fällt, also der Abwanderung jener betroffenen Branchen in Länder ohne ETS. Eine ehrliche und transparente Debatte ist dringend von Nöten! Die indirekte Forcierung osteuropäischer Kohlekraft auf Kosten der heimischen energieintensiven Industrie ist nämlich kaum zu rechtfertigen.
Mindestens so befremdlich wirken in diesem Zusammenhang die Forderungen nach einer vollständigen Entkarbonisierung der Industrie bis 2050. Bezogen auf den Baustoffsektor käme dies dem Aussterben desselben gleich. Emissionen aus dem Rohstoff Kalk lassen sich beim thermischen Prozess nicht wegleugnen, der Chemieunterricht in der Unterstufe klärt darüber auf.
Ergo müsste man bis 2050 auf die meisten Baustoffe verzichten. Stellt sich nur die Frage, wie die Anhänger dieser Forderung in 30 Jahren wohnen werden und auf welcher Infrastruktur sie sich fortbewegen. Aber vielleicht sind die asiatischen Häuser aus Kuhfladen oder Bambus dann ebenso »en vogue« wie Seilbrücken über die Donau oder Windräder und Wasserkraftwerke aus ungebranntem Lehm.