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Kulturelle Differenzen

Der Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ist eines der heißen Themen unserer Zeit. Im globalen Wettbewerb sind Know-how, technologischer Fortschritt und Innovationskraft ausschlaggebend für die Standort- und der damit verbundenen Wohlstandssicherung, über die Notwendigkeit der Ressourcenbündelung herrscht weitgehend Einigkeit: Wissenschaft und Wirtschaft müssen an einem Strang ziehen. Problematischer wird es allerdings bei der Umsetzung. Nicht immer läuft das Aufeinandertreffen von Wissenschaft und Wirtschaft konfliktfrei ab. Zu groß sind die kulturellen Unterschiede. \"Es treffen zwei völlig verschiedene Welten aufeinander“, weiß Josef Küng, als wissenschaftlicher Beirat der FAW Software Engineering GmbH Hagenberg seit den achtziger Jahren aktiv am Wissenstransfer beteiligt. Eine Einschätzung, die auch Henrietta Egerth von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG teilt. In der Wissenschaft gehe es nicht so sehr um finanzielle Anreize, sondern um Preise und Publikationen. \"Das ist eine ganz andere Währung als in der Wirtschaft.“

Zankapfel Grundlagenforschung
Schon der Begriff der Grundlagenforschung sorgt bei vielen Unternehmen für Unbehagen. Zu akademisch, zu theoretisch und für die Praxis untauglich lauten die reflexartigen Vorwürfe. Wenn Wolfgang Freiseisen, Geschäftsführer RISC Software GmbH Hagenberg, sagt, dass \"die Grundlagenforschung natürlich wichtig ist“, dann klingt er wenig überzeugt. Viel überzeugter ist er hingegen von seiner Ansage, dass \"die Grundlagenforschung kein Selbstzweck sein darf“. Der industrielle Nutzen müsse auch bei der Grundlagenforschung im Vordergrund stehen.
Karl Fröschl vom E-Commerce Competence Center Wien drückt sich etwas diplomatischer aus. Er warnt davor, die ökonomischen Rahmenbedingungen außer Acht zu lassen. \"Die Grundlagenforschung muss in eine lebenspraktische Form überführt werden können, um den Wohlstand und den Standort zu sichern“, so Fröschl. Deshalb brauche es ein nachhaltiges Commitment auf beiden Seiten. Eine echte Win-Win-Situation sieht Fröschl erst dann gegeben, wenn es zu einer Verschränkung des unternehmerischen Innovationsprozesses mit den Forschungseinrichtungen kommt.

Kommunikation und Verständnis
Kulturelle Differenzen sind in der Regel auf Kommunikationsprobleme und eine mangelnde Aufgeschlossenheit dem anderen gegenüber zurückzuführen. Dies gilt auch und vor allem für die Differenzen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Ohne eine \"kulturelle Offenheit“, ohne der Bereitschaft, den anderen zu verstehen und auf seine Bedürfnisse einzugehen, ist der Transfer von Wissen und Technologie zum Scheitern verurteilt.
Für Markus Kommenda, Geschäftsführer Forschungszentrum Telekommunikation Wien, ist demnach auch das \"gemeinsame Verständnis der zentrale Aspekt des Wissenstransfers“. Auch Fröschl ist der überzeugung, dass das gemeinsame Verständnis nicht deutlich genug heraus gestrichen werden kann. \"Die jeweilige Gegenleistung muss klar erkennbar sein“, sagt Fröschl an die Adresse der Forschungseinrichtungen: \"Es reicht nicht aus, einfach nur mit Forschungsergebnissen anzutanzen. Vielmehr muss der Mehrwert klar transportiert werden.“ Dieser (unmittelbare) Mehrwert ist eines der Hauptprobleme beim Wissenstransfer. Wird die Forschung in ein zu enges von der Industrie geknüpftes Netz gezwängt, dann ist dies das Ende der Grundlagenforschung. \"Die Wirtschaft wird erst dann zufrieden sein, wenn jeder einzelne Universitätsangehörige für eine Firma arbeitet, aber dann ist die Forschung tot“, hat Peter Heimerl von der technischen Universität Wien schon vor knapp einem Jahr erkannt. Auf der anderen Seite ist der unmittelbare Mehrwert der Grundlagenforschung nicht immer gegeben. Oft dauert es Jahre bis die Industrie Nutzen aus der Forschung ziehen kann. \"Und genau aus diesem Grund ist die Kommunikation so wichtig“, ist Kommenda überzeugt.

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