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Stromschwankung

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Marktanteil der österreichischen Versorger innerhalb von sechs bis zehn Jahren von derzeit fast hundert Prozent auf fünfzig Prozent heruntergeht«, meinte der Unternehmensberater Andreas Kreutzer in der Erstausgabe des Energie Report im Oktober des Jahres 2000. Fast zur Hälfte hat Kreutzer Recht. 2005 wurden 23,5 Prozent der in öster­reich verbrauchten elektrischen Energie importiert. Weniger aber, weil ausländische Stromkonzerne einen erfolgreichen Expansionsfeldzug gestartet haben, sondern weil unser Land sich zunehmend von der Eigenversorgung verabschiedet und seit 2001 zum Importeur geworden ist.
Vor sechs Jahren ging man jedoch allgemein davon aus, dass mit der Vollliberalisierung des Strommarktes im Oktober 2001 Marktverschiebungen gewaltiger Dimensionen eintreten würden. Christian Call, damals Marketingchef des deutschen Stromriesen EnBW, frohlockte über die Rolle als Hecht im Karpfenteich, die seine Company künftig in österreich einnehmen werde. »Es macht Spaß, am Aufbrechen von Monopolstrukturen mitzuarbeiten«, verriet er dem Report. Es war die Zeit der purzelnden Preise bei Industriekunden, Nachlässe von dreißig bis vierzig Prozent galten als üblich. Der Frantschach-Chef Veit Sorger soll die Gunst der Stunde genutzt haben und der EVN einen Preisnachlass von satten sechzig Prozent abgehandelt haben. Doch nicht bloß Gewerbekunden profitierten vom Liberalisierungslüfterl. Diverse Consulter traten auf den Plan, um der politisch erstarrten und satten heimischen Stromwirtschaft auf die Sprünge zu helfen. Martin Unger, Vertreter der Unternehmensberatung Contrast Management Consulting, forderte eine »Kulturrevolution« Richtung Dienstleis­tung, der sich die Versorger unterziehen sollten. Zudem riet er zur Besorgung eines professionellen Beschaffungs- und Kostenmanagements, zur Bildung von Allianzen, gezielter Marken-, Vertriebs-, und Produktionspolitik. Die Energieversorger buchten verunsichert Nachhilfe und versuchten, ihre Produkte nach dem Beispiel der Telekommunikation hip zu machen. Heute wird Strom im »Optima«- oder »Kelag-Pur«-Tarif abgerechnet, es werden »Freistromtage« und »Fair-Energy-Gutscheine« unters Volk gestreut. Zudem kümmern sich geduldige Callcenter-Agents um fassungslose Kunden, die nicht mehr imstande sind, Rechnungen zu entschlüsseln. Weiters werden diverse Fußballvereine, Skifahrer, Sport- und Kulturevents mit Sponsoringgeld gepusht.

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