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»Schön langsam«

Report: Ist es tragisch oder egal, dass zwei Bundesländer die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie blockieren?
Bruck: Es ist nicht angenehm. Ich würde mir wünschen, dass wir in österreich zügiger vorgehen. Fachlich gibt es für die Blockade kaum Gründe, die Fachleute sind sich im Wesentlichen einig.

Mit den Schlagwörtern »innovativ und zukunftsorientiert« vermarkten Projektentwickler ihre Bürobauten. Wie sieht die Realität des Bürobaus aus?
Jeder wirbt mit Zukunftssicherheit. Es gibt im Büro- und Wohnbau Anforderungsprofile, die spielen bei der Bewertung der Immobilie eine entscheidende Rolle. Energieeffizienz oder Umweltschutz sind nicht in dem Ausmaß vertreten, wie ich das für sinnvoll halte. Es geht aber in diese Richtung.

Welche Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs werden im Bürobau sträflich vernachlässigt?
Sträflich würde ich nicht sagen. Jeder Bauträger finanziert Immobilien, um Geld zu verdienen. Bauseitig würden wir uns eine optimierte Gebäudehülle, Qualität der Verglasung und der Dächer mit einem möglichst niedrigen U-Wert wünschen. Zweitens würden wir uns wünschen, dass generell mechanische Lüftungssysteme mit hoher Wärmerückgewinnung zum Einsatz kommen. Dann ist sichergestellt, dass der tatsächliche Wärmebedarf so niedrig ist, wie es derzeit technisch und ökonomisch vernünftig machbar ist. Der nächste Punkt ist die Wärmeerzeugung. Da wäre ein Abgang von den fossilen hin zur erneuerbaren Nahwärme mit Hackschnitzel oder Pellets wünschenswert - auch im urbanen Bereich. Was auch im Kommen und umstritten ist, ist die Energiekornheizung. Die Existenz dieses Potenzials ist nicht zu leugnen. Auch die Wärmepumpe bringt den Stromeinsatz in einen ökologisch vernünftigen Einsatzbereich.

Auch wenn Strom fossil erzeugt wird?
Das gilt auch eingeschränkt dann, wenn der Strom fossil erzeugt wird, weil die Jahresarbeitszahlen vertretbar sind.

Was würden Sie sich bei Bürogroßprojekten wünschen?Wenn sich die Betriebszeiten von Bürobauten ausweiten und elektrische Energie über mehr Stunden verbraucht wird, wäre es sinnvoll, über Cogeneration oder Trigeneration nachzudenken. Mittels Gasturbine ließe sich ein Teil des Stroms erzeugen und zugleich die Wärme für Heizung und Kühlung verwenden.

Gibt es solche Projekte bereits?
Die Systeme sind weltweit vorhanden und werden auch schon eingesetzt. In österreich fehlt die Markteinführung, da besteht noch Nachholbedarf.

Ist es im Bürobau heute ökologisch noch vertretbar, dass Warmwasser mit einem Elektrospeicher gewärmt wird?
Es ist nicht ideal. Der Warmwasserbedarf in Büros ist aber gering und deshalb sind diese Geräte auch wirtschaftlich.

Die Solaranlage kann da nicht mit?
Schwer, wenn sie richtig integriert ist, geht es aber schon.

Erlaubt die von renditebewussten Fonds und Aktiengesellschaften dominierte Immobilienwirtschaft überhaupt noch Nachhaltigkeit?
Die Struktur erschwert das. Mit steigenden Energiepreisen und einem gewissen Beunruhigungssignal hat aber ein kleiner Meinungsumschwung stattgefunden. Das Bewusstsein über die extreme Abhängigkeit könnte zum Nachdenken beitragen, wie viel Energie ein Gebäude benötigt, und auch in die Bewertung von Immobilien Eingang finden.

Müsste für eine Reduktion des Heiz- und Kühlbedarfs nicht die Bauweise völlig neu überdacht werden? Sind Glasfassaden künftig noch vertretbar.
Da kommt man natürlich in einen Paradigmenstreit hinein: Was ist primär, Architektur oder Energiesparen? Die Nachfrage nach transparenter Bauweise ist ungebrochen vorhanden und wird von den Architekten zu Recht erfüllt. Wenn man dem die erste Rangordnung zubilligt, muss man nur noch die zweite Forderung stellen: die Anpassung der Haustechnik an diese Bauweise. Die Fehler, die ich kenne, resultieren ja nicht daraus, dass ein Glasgebäude nicht klimatisierbar ist, sondern daraus, dass der dafür nötige Aufwand nicht getätigt wird. Dann gibt es natürlich Probleme. Aus dem Blickwinkel der Energieoptimierung wünsche ich mir weniger Transparenz. Wir haben heute im Glasbau U-Werte von 0,9, in Ausnahmefällen sogar 0,7, und es wird vielleicht noch weiter runtergehen.

Die Glasfassade wird weiterbestehen?
Ich würde meinen, ja. Wichtig ist, dass damit verknüpft ein wirklich guter Sonnenschutz und Speichermasse vorhanden sind.

Müssten nicht die Architekturbüros viel mehr das Facilitymanagement bereits in der Planung berücksichtigen?
Es wäre ungerecht zu sagen, dass die Architekten sich nicht bewegen. Früher war die Bauphysik im Studium so gut wie nicht vorhanden. Das hat sich seit Panzhauser geändert.

Sind Projektentwickler bereit, professionelle Beratung für die Haustechnik und Energieagenden zuzukaufen?
Wir hatten damit nie ein Problem und arbeiten mit einigen Bauträgern über lange Zeit zusammen. Wir bearbeiten zunehmend im Zuge der Vorplanung mehrere Szenarien für das Zusammenspiel zwischen Gebäudehülle, Haustechnik und Wärmebereitstellung, die letztlich die Entscheidungsgrundlage für den Auftraggeber darstellen.

Ist es nicht so, dass permanent neue Anbieter für diese Dienstleistung in den Markt drängen?
Ja, das stimmt, die Dienstleistung wird nachgefragt. Wenn diese Unternehmen wachsen, beweist das auch, dass eine Sensibilisierung für diese Themen gegeben ist.

Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz?
Der Haustechniker soll nicht stolz sein, er ist der Bühnenarbeiter und nicht der Schauspieler. Bei jedem Projekt steht schon der Architekt im Vordergrund.

Im Segment Raumwärme ist ein großes Ringen um die Kundengunst im Gang. Die Vertreter der verschiedenen Energieträger rechnen allesamt so, dass ihr System am günstigsten ist. Die Wärmepumpe und Biomasseheizungen argumentieren mit niedrigen Betriebskosten, Gas- und ölbrenner sind in der Anschaffung günstig. Werden die Häuslbauer da allein gelassen?
Mit Biomasse und Wärmepumpe habe ich kein Problem. Gas hat halt den Vorteil, dass die Anschaffungskosten sehr niedrig sind und das System null Betriebsrisiko hat. Ich denke, dass die Beratung aber flächendeckend firmenunabhängig gegeben ist. Zudem glaube ich, dass alle Berater dasselbe raten: Pack dein Haus ordentlich ein, dass der Heizwärmebedarf gering ist, und achte darauf, dass der Bedarf nicht mit öl gedeckt werden muss.

Ich habe mir sagen lassen, dass in Skandinavien die Nutzung der warmen Abwässer Stand der Technik ist. Hierzulande sieht es in diesem Segment eher düster aus. Besteht da noch Aufholbedarf?
Das Potenzial ist vorhanden. Wir haben in der Vergangenheit mehrmals versucht, solche Lösungen im geförderten Wohnbau unterzubringen. Es ist finanziell extrem grenzwertig, so wie auch die Regenwassernutzung. Die technischen Lösungen sind aber vorhanden.

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