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»Erheblich Wachsen«

Report: Was waren wesentliche Veränderungen der heimischen Baustoffindustrie in den vergangenen zehn Jahren?
Peter Leditznig: Es gab drei Entwicklungen. Die stärkste Veränderung, die uns als Baustoffindustrie zwar nur mittelbar, aber deshalb nicht weniger stark betrifft, ist die Veränderung der Gewerbestruktur. Das Subunternehmertum hat aufgrund des steigenden Kostendrucks ein erhebliches Volumen erreicht. Die günstigeren Angebote dieser Subunternehmer basieren vielfach auf schlecht bis gar nicht ausgebildetem Personal. Die Folge sind oft erhebliche Qualitätsmängel in der Ausführung - und das schlägt auch auf uns als Hersteller zurück. Die zweite deutlich erkennbare Veränderung ist der klare Trend zur Vorfertigung und damit zum Leichtbau. Für einen Gipskartonplattenhersteller wie Rigips eine hervorragende Entwicklung. Als dritte Veränderung möchte ich die Optimierung der Transportlogistik nennen. Hier hat sich viel in Richtung Effizienz verbessert.

Die Branche hat sich konzentriert. Wie hat sich diese Entwicklung auf die Unternehmenskulturen und die Arbeitsbedingungen ausgewirkt?
Die Internationalisierung hat uns allen gut getan. Der Blick über den Tellerrand ermöglicht es uns, immer wieder von den Besten der Branche zu lernen. Internationale Benchmarks mit Unternehmen innerhalb und außerhalb des eigenen Konzerns führen eindeutig zu Verbesserungen in der Produktion und in der Verwaltung. Da entsteht im positivsten Sinn ein Wettbewerb zwischen den einzelnen Betrieben.

Rigips österreich exportiert heute einen nicht unerheblichen Teil. Wird das so bleiben oder werden künftig heimische Arbeitsplätze durch Billiglohnländer ersetzt?
Rigips Austria exportiert nicht nur Produkte, sondern auch Know-how und Systeme. Viele Mitarbeiter haben in den letzten Jahren internationale Verantwortung im Konzern übernommen. Innerhalb der Saint-Gobain-Gruppe gibt es zwei Kompetenzzentren für Gipspulverprodukte. Eines davon ist unser Werk in Puchberg, wo viel Forschung und Entwicklung passiert. Nur sehr wenige unserer Mitarbeiter sind tatsächlich in der Produktion beschäftigt. Es macht also für uns überhaupt keinen Sinn, in ein Billiglohnland zu übersiedeln.

Was sind die Herausforderungen für die Baustoffproduktion in der Zukunft?
Als Industrie verkaufen wir geprüfte Systeme. Die kommen dann auf einen Markt, wo sie zunehmend von ungelernten Arbeitskräften verarbeitet werden. Das Ergebnis sind mitunter gravierende Qualitätsmängel am Bau. Dieses Spannungsfeld ist wohl die größte Herausforderung für uns. Also verstärken wir unser Engagement im Schulungsbereich. Zu den Schulungen kommen aber nur Leute, die an der Qualität ihrer eigenen Arbeit interessiert sind. Die Mitarbeiter der Subunternehmen erreichen wir damit nicht. Aufgabe ist es, die Systeme zu vereinfachen. Wenn es gelingt, die Einzelbestandteile zu verringern, verringern wir auch die Fehlerquote des ungelernten Monteurs und erhöhen gleichzeitig die Qualität seiner Arbeit.

Die Leichtbauweise hat beim Einfamilienhaus ansehnliche Marktanteile erzielt. Sind ähnliche Größenordnungen auch im mehrgeschoßigen Wohnbau erzielbar?
Beim Einfamilienhaus liegt der Anteil des Holzriegelbaus derzeit bei 35 Prozent. Dieser Erfolg ist weitestgehend auf die sehr gute Arbeit des Fertighausverbandes zurückzuführen. Ich gehe davon aus, dass dieser Marktanteil auch im Mehrfamilienhausbau möglich ist. Es ist doch kein Zufall, dass Europas größter Mehrfamilienwohnbau in Holzbauweise ausgerechnet in Wien errichtet wurde. Der moderne Leichtbau entspricht einfach den heutigen Lebensbedingungen. Die Menschen sind mobiler geworden. Das klassische Familiengefüge gibt es heute nicht mehr. Singlehaushalte und Patchworkfamilien prägen das Bild. Die Wohnungen müssen sich rasch und unkompliziert an die Bedürfnisse ihrer Bewohner anpassen - und nicht umgekehrt. Der Leichtbau hat dabei eindeutig die besseren Karten. Um seine Vorteile stärker in das Blickfeld der Bauwirtschaft zu rücken, hat sich 2006 die Plattform BAU.GENIAL gegründet.

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