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"Diese Wertschätzung habe ich auf der Bühne nicht"

Am Anfang hab ich viele kleine Sachen selbst gemacht. Das war so wie »Hausfrau bastelt«. Ein Tablett und eine Dose dazu - das ist nicht meins. Am Anfang hab ich viele kleine Sachen selbst gemacht. Das war so wie »Hausfrau bastelt«. Ein Tablett und eine Dose dazu - das ist nicht meins.

Für viele TV-Zuseher ist sie noch immer »Frau Knackal«. Was nur wenige wissen: Statt auf der Bühne steht die Schauspielerin und Kabarettistin Monica Weinzettl derzeit meist in ihrer Garage und bearbeitet alte Möbel. Mit der »Kastlwerkstatt« hat sich die Neo-Unternehmerin ein zweites Standbein geschaffen.

Von Angela Heissenberger

(+) Plus: Woher kommt Ihr Faible für alte Dinge?

Monica Weinzettl: Ich glaube, von meinen Eltern. Wir hatten viele Stilmöbel zu Hause. Mein Vater hat auch viel selbst gemacht. Er hat eine Küche, ein Badezimmer und ein Motorboot gebaut, das sogar geschwommen ist. Einmal haben wir gemeinsam einen Töpferkurs besucht. Ich bin mit Kaltleim und Bohrmaschine groß geworden. Eine Zeitlang hab ich mir alles selbst genäht und Schmuck hergestellt.

(+) Plus: Haben Sie ein Handwerk gelernt?

Weinzettl: Ich bin keine Tischlerin. Das ist für meine Technik auch nicht notwendig. Ich baue ja keine Möbel. Was ich nicht reparieren kann, gebe ich außer Haus. Die meisten Stücke muss ich nur anschleifen, um eine Grundlage für eine Grundierung zu schaffen. Wenn der Lack wie eine Landkarte abblättert, muss man ihn komplett abziehen. Ein Maler hat mir gezeigt, wie man richtig lackiert. Einfach etwas anzumalen, ist eine Sache. Bei einem Lack eine Oberflächenspannung zustande zu bringen und das Holz richtig vorzubereiten, das ist schon eine eigene Wissenschaft.

(+) Plus: Woher stammen die Möbel?

Weinzettl: Die finde ich über das Internet, bei Flohmärkten und Altwarenhändlern. Viele Sachen bekomme ich auch geschenkt. Zur Freude meines Mannes packe ich die Möbel dann bei uns in die Garage. Dort bleibt gerade noch genug Platz zum Abschleifen, der Rest ist bis zur Decke voll. Viele Kunden kommen auch mit eigenen Stücken und lassen sie umgestalten. Ansonsten nehme ich nur ausgefallene Stücke, keine furnierten Möbel und auch nicht die siebente Küchenkredenz. In den meisten Fällen muss ich sagen: Hauen Sie’s weg. Ich bin nicht die Caritas.

(+) Plus: Ist das handwerkliche Arbeiten auch ein Ausgleich für die geistige Arbeit beim Schreiben und Spielen?

Weinzettl: Es hat damit begonnen. Andere Kollegen machen Yoga oder laufen, ich gehe in die Garage und schleife etwas ab. Zuerst waren die Möbel nur bei Ausstellungen und im Internet erhältlich, dann hatten wir drei Jahre in Purkersdorf einen kleinen Schauraum. Schließlich kam die Idee mit dem Geschäft in Wien. Weil die Möbel auch dekoriert werden müssen, habe ich am Anfang viele kleine Sachen selbst gemacht. Das war so wie »Hausfrau bastelt«. Ein Tablett und eine Dose dazu – das ist nicht meins. Also habe ich mich auf die Suche gemacht nach Dingen, die es nicht überall gibt und fair produziert werden. Viele Hersteller holen erfreulicherweise die Produktion wieder zurück aus Asien, weil es sich gar nicht mehr auszahlt. Die Transportkosten sind zu hoch und die Löhne steigen in China genauso.

(+) Plus: Müssen Sie Ihre Bühnentätigkeit jetzt zurückschrauben?

Weinzettl: Man muss Prioritäten setzen, das musste ich ganz schnell lernen. Beim Kabarett und im Geschäft gibt es eine Hauptsaison – und zwar jeweils im Winter. Kabarett ist eine Wintersportart. Man kann im Sommer kaum mehr spielen, weil die Leute schon ab Mai lieber draußen sind. Die Spielsaison geht also von Oktober bis 24. Dezember, da haben wir aber auch das Weihnachtsgeschäft. Das ist schwierig.

(+) Plus: Sehen Sie das Geschäft auch als Absicherung?

Weinzettl: Wir haben schon einen Businessplan, so ist es ja nicht. Weil hier zwei Künstler tätig sind, ist auch mein Bruder ins Geschäft eingestiegen und kümmert sich um alles Wichtige. Er hat ein Warenwirtschaftssystem eingeführt und Überwachungskameras, fünf Computer und jede Menge Drucker installiert. Vor allem die Workshops laufen hervorragend, man merkt total den Trend zum Recycling von alten Stücken. Ein Ikea-Regal kann man genau einmal auspacken, zusammenbauen und stehenlassen – übersiedeln geht schon nicht mehr. Jetzt arbeiten wir an der zweiten Ausbaustufe, einem Webshop. Als nächstes Projekt kommen Veranstaltungen. Gerade im Zeitalter des Internet muss Einkaufen ein Event sein. Ich will die Menschen dazu bringen, aus dem Haus zu gehen, weil sie bei uns etwas sehen, das es nur heute gibt. Wenn das alles funktioniert, soll es natürlich ein zweites Standbein werden. Momentan stecken noch viel Arbeit und Eigenleistung drin. Schön langsam muss ich aber nicht ständig im Geschäft stehen, sondern kann mich auf unsere beiden Verkäufer verlassen, die das alles lieben, was hier herumsteht. Bei der Vicky habe ich den Eindruck, sie ist jedes Mal enttäuscht, wenn jemand etwas aus dem Geschäft rausträgt.

(+) Plus: Ihnen fällt es nicht schwer, sich von den Stücken zu trennen?

Weinzettl: Vorige Woche war ein neues Stück nur drei Stunden hier – das ist hart. Bei Auftragsarbeiten weiß ich, ich mache es nicht für mich. Es gehört mir eine Zeitlang, dann geht es seinen eigenen Weg. Und das ist gut so. Ganz am Anfang hab ich die Möbel nicht jedem verkauft. Da steckt so viel von mir drin, deshalb will ich auch, dass es geschätzt wird. Jedes Stück bekommt ein eigenes Büchlein, in dem seine Geschichte steht, zum Beispiel: »Ich bin ein alter Schemel aus Wien und stamme von einem Flohmarkt, wo mich Monica entdeckt hat. Nach einigen Monaten in ihrem Lager hat sie mich endlich abgeschliffen, weiß grundiert und mit Acrylfarbe bearbeitet.« Es ist oft so entzückend, wenn die Kunden später ein Foto schicken: »Liebe Kastlmama, ich stehe jetzt ...« Diese Wertschätzung habe ich auf der Bühne nicht so unmittelbar.

(+) Plus: Ihr Mann engagiert sich beim Einkaufsstraßen-Carré der Wiener Wirtschaftskammer. Holt er sich dort auch Anregungen für das nächste Programm?

Weinzettl: Das würde das Publikum wirklich langweilen. Nein, wir trennen die beiden Berufe, das ist uns wichtig. Wir wurden gefragt, ob wir als Vertreter der Altgasse in den Vorstand von Carré Hietzing kommen wollen. Mein Mann und mein Bruder waren sofort dafür, weil sie finden, dass Zusammenarbeit im eigenen Bezirk Sinn macht. Es sind schwierige Zeiten für alle, Konsumenten und auch Geschäftsleute, da ist es doch klug, wenn man sich engagiert und netzwerkt.

(+) Plus: Spielt auch der Promi-Faktor eine Rolle?

Weinzettl: Bei den Kunden gar nicht. Ich habe das Geschäft absichtlich nicht »Monica Weinzettls Möbel« genannt, weil ich wissen wollte, ob es ohne meinen Namen auch funktioniert. Links und rechts von der Eingangstür hängen zwar Plakate, aber das kriegen viele überhaupt nicht mit. Als wir hier eingezogen sind, haben wir uns mit einem Flascherl Wein und Visitenkarte bei allen in der Umgebung vorgestellt. Natürlich kommt man so leichter ins Gespräch. Jene, die nur kommen, um uns anzuschauen, kann man an einer Hand abzählen. Genauso ist es bei den Geschäftsleuten.

(+) Plus: Sie lassen in Ihre Programme auch immer viel Privates einfließen. Wird in Zukunft auch das Geschäft ein Thema sein?

Weinzettl: Die Kastlwerkstatt kam schon einmal in einem Programm vor. Eigentlich will ich ja die Bühne und das Geschäft nicht vermischen. Es war aber eh völlig wurscht. Die Zuschauer wussten entweder schon von unserem Geschäft, und die anderen haben nachher gefragt, was denn das mit den Sesseln war, das hätten sie überhaupt nicht verstanden. Es hat uns keine neuen Kunden gebracht, sondern eher Verwirrung gestiftet.

(+) Plus: Viele Menschen assoziieren Sie noch immer mit »Frau Knackal« – eine Rolle, die bereits mehr als 15 Jahre zurückliegt. Stört Sie das?

Weinzettl: Es wäre blöd, wenn es mich stören würde. Ich kann mich nicht über eine Figur beschweren, die ich geschaffen habe und die mich bekannt gemacht hat. Wir haben damals vier Staffeln und einen Kinofilm gedreht. Lustigerweise gibt es jetzt schon eine Generation, die uns nur von den DVDs ihrer Eltern kennt.

(+) Plus: Haben es Frauen im Comedy-Bereich schwerer?

Weinzettl: Auf jeden Fall. Lustige Frauen müssen entweder hässlich oder dick sein. Dann dürfen sie Grimassen ziehen und ordinäre Witze machen. Wir haben das auf der Bühne ausprobiert: Einmal habe ich bestimmte Witze gebracht und am nächsten Tag der Gerold. Wenn das auch nur ein bisschen anzüglich war, haben sie bei ihm vor Lachen gebrüllt, bei mir aber nur betreten gelächelt. Männer können viel tiefere, auch gemeine Witze machen. Eine Frau gilt sofort als zickig, hysterisch und unsympathisch – solche Attribute würde man einem Mann nie umhängen.


Zur Person:
Monica Weinzettl, 1967 in Wien geboren, ist ausgebildete Ernährungs- und Fitnesstrainerin. Als Schauspielerin trat sie erstmals 1986 im Ensemble von Herwig Seeböck öffentlich auf. Unter der Regie von Harald Sicheritz spielte sie im Kinofilm »Muttertag« (1993) sowie in den TV-Serien »Kaisermühlen-Blues« und »Trautmann«. Ihre bekannteste Rolle war jedoch »Frau Knackal« in der Bürokratie-Satire »MA 2412« (1998-2002), der 2003 ein Kinofilm folgte. Weinzettl ist mit dem Kabarettisten Gerold Rudle verheiratet und trat seit 2006 in sechs Kabarettprogrammen mit ihm auf. Seit vielen Jahren verschönert Weinzettl alte Möbel mit diversen Techniken. Im Oktober 2014 eröffneten die beiden in Wien-Hietzing die »Kastlwerkstatt«, in der die individuell beklebten und lackierten Stücke sowie andere Wohnaccessoires angeboten werden. Interessierte können an Workshops teilnehmen.

Info: www.kastlwerkstatt.at

Last modified onDonnerstag, 23 Juli 2015 13:48

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