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Leistungen müssen höherwertig sein

Im Interview mit dem Innovations Report sprechen Günther Schuh, Mitglied im Direktorium des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnologie, und Christoph Klotzbach, Gruppenleiter Strategisches Management am WZL, über die Krise einer Branche, die notwendigen Maßnahmen und zukünftige Trends.

Report: Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung im Werkzeug- und Formenbau?
Schuh: Nach wie vor befindet sich der Werkzeugbau in Westeuropa in einer schwierigen Situation. Ein steigendes Angebot aus Osteuropa und China kommt zusammen mit einer stagnierenden oder sinkenden Nachfrage - z.B. wegen der nachlassenden Modelloffensive der Automobilindustrie.

Was sind die Folgen?
Schuh: In der Kombination ergibt sich ein massiver Preisdruck, dem viele Unternehmen nicht standhalten können. Nach wie vor sind wir mit Insolvenzen oder massiven Stellenabbau in Werkzeugbauten konfrontiert.

Lassen Sie uns zu etwas Positiverem kommen. Was waren die größten Fortschritte der letzten Jahre?
Klotzbach: In den letzten Jahren sind sehr gute Fortschritte in den technologischen Fähigkeiten der Betriebe gemacht worden. Gleichzeitig führt dies aber auch dazu, dass Unternehmen sich nur schwer durch Technologie differenzieren können. Bei unseren regelmäßigen Benchmarkings stellen wir fest, dass eine technologische Konvergenz in der Branche herrscht: Die meisten Unternehmen können aber die Forderungen des Kunden an das Werkzeug hinsichtlich Qualität und Präzision erfüllen.

Worin sehen Sie demnach die größten Innovationen?
Klotzbach: Als innovativ können daher vor allem die Unternehmen bezeichnet werden, die nicht nur in der Werkzeugherstellung, sondern vor allem in der Werkzeugtechnik selber technologisch führend sind. Dazu bedarf es eines erweiterten Betrachtungshorizonts, der den Kundennutzen erfasst. Innovationen zielen daher unter anderem auf die Produktivität von Werkzeugen, z.B. durch konturnahe Kühlung, oder auf die Standzeit, z.B. durch Beschichtungen.

Was sind die größten Herausforderungen, denen sich Hersteller in Zukunft stellen müssen?
Klotzbach: Die Hauptbedrohung kommt zweifelsohne aus China. Im Rahmen unserer Studie \"Werkzeugbau in China - Chance oder Bedrohung\" haben wir uns verschiedene Unternehmen angeschaut. Natürlich ist ein Großteil der Betriebe in China nur in der Lage, einfachste Werkzeuge herzustellen, die in der Produktion viel Nacharbeit verlangen. Solche Unternehmen aber, die mit massivem Einsatz ausländischen Know-hows und Personals unterstützt werden, sind die wahre Bedrohung: Sie sind auf dem Weg zu europäischen Standards bei chinesischen Löhnen. In der Folge werden nicht selten etablierte Werkzeugbaubetriebe an den Heimatstandorten geschlossen.

Lassen sich bereits jetzt Trends für die nächsten Jahre erkennen?
Schuh: Europäische Unternehmen müssen ihre Heimvorteile nutzen. Um Werkzeuge zu höheren Preisen verkaufen zu können, müssen die angebotenen Leistungen auch höherwertig sein. Dies kann die Unterstützung bei der Produktentwicklung und der Werkzeugoptimierung oder -inbetriebnahme sein. Genauso ist die Garantie von Verfügbarkeit und Produktivität eine Möglichkeit, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten. Für all diese Leistungen ist die räumliche Nähe zum Kunden von großem Vorteil und muss entsprechend genutzt werden. Dies gilt auch für die Schnelligkeit in der Reaktion auf änderungen und in der Auftragsabwicklung. Schließlich muss die Branche aber auch lernen, diesen Mehrwert zu vermarkten, um die Einkäufer vom reinen Einstandspreis weg zu bekommen.
Momentan befindet sich der Werkzeugbau in einer Konsolidierungsphase. Dies führt zu einer Marktbereinigung, von der die Unternehmen betroffen sind, die sich nicht rechtzeitig an neue Handlungsmuster herangewagt haben. Industrialisierung und Nutzung von Netzwerken sind nur zwei Stichworte. Die Krise bietet aber die Chance, mit traditionellen Denkweisen wie Unikatfertigung und hoher Eigenwertschöpfung zu brechen und für die Branche völlig neue Wege zu gehen, die sich in der industriellen Fertigung schon lange durchgesetzt haben. Unternehmen, die dies erkennen, werden auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben. Vor allem bin auch überzeugt, dass diese Unternehmen gestärkt aus der Konsolidierung hervorgehen, die die Kapazitäten im Markt verringern wird. Dies wird hoffentlich den ruinösen Preiskampf einschränken, der momentan noch von den Unternehmen angestachelt wird, die weit unter Eigenkosten anbieten, um überhaupt eine Auslastung zu erreichen. Gleichzeitig werden größere Werkzeugbaubetriebe entstehen, die nach industriellen Grundzügen organisiert sind. In der Technologie wird Europa weiter eine Führungsrolle übernehmen. Dabei werden sich Betriebe nach innen spezialisieren und durch Nutzung von Kooperationen ein breites Leistungsspektrum nach außen anbieten.

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