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Solar um die Welt

BILD: Unter gewaltigem Applaus erfolgte am 9. März der Start von Solar Impulse 2 in Abu Dhabi. Erstes Ziel von Pilot André Borschberg war Maskat, die Hauptstadt des Sultanats Oman. BILD: Unter gewaltigem Applaus erfolgte am 9. März der Start von Solar Impulse 2 in Abu Dhabi. Erstes Ziel von Pilot André Borschberg war Maskat, die Hauptstadt des Sultanats Oman.

Erstmals die Welt per Solarflugzeug umrunden - mit diesem Ziel hat der Schweizer André Borschberg Anfang März die Airplane Solar Impulse 2 Richtung Oman gestartet. Projektinitiator Bertrand Piccard erwartete ihn zum Pilotenwechsel beim ersten Zwischenstopp. Report(+)PLUS war bei den letzten Vorbereitungen in Abu Dhabi mit dabei.

Von Karin Legat

Der erste Kontakt zu Bertrand Piccard erfolgt nach einem seiner letzten Testflüge von Solar Impulse 2 (Si2) in Abu Dhabi. Mit leuchtenden Augen berichtet er von seinem großen Traum, der ab 1999 langsam in Erfüllung gehen sollte: die aero-solare Weltumrundung. »Es ist ein großes Abenteuer. Bereits bei meiner Weltumrundung mit dem Heißluftballon Breitling Orbiter 3 habe ich gelernt, mir ein kleines Haus im Himmel zu bauen«, so Piccard und blickt begeistert auf Solar Impulse 2, die noch im Hanger steht. »Ich liebe es, mit den Kräften der Erde zu leben. Das ist eine unglaubliche Herausforderung. Was der Wind für den Ballon bedeutet hat, ist die Sonne nun für das Flugzeug«, betont der Luftpionier und spricht die Idee hinter Solar Impulse an. »Ich hasse alte, umweltverschmutzende Technologien. Mobilität muss ebenso sauber sein wie z.B. die Gebäudekonstruktion.« Piccard versucht nachhaltig zu leben. »Ich selbst fahre ein elektrisches Hybrid-Kfz, mein Haus ist ausgestattet mit neuen Fenstern und Wärmepumpen. Das Dach ist gedämmt. Ich verstehe Leute nicht, die alte verschmutzende Technologien behalten, statt innovativ zu leben.« Solar Impulse 2 soll nun Millionen Erdenbürger zu einer gesunden Zukunft bewegen. Im Dezember werden die beiden Schweizer ihre Erfahrungen mit der Technologie von Si2 bei der Weltklima-Konferenz in Paris vorstellen.

Die Kraft hinter Si2

Beim Besuch des Militärflughafens in Abu Dhabi – dieser wurde aufgrund des geringen Flugverkehrs und der damit verbundenen Ruhe gewählt – ist die Begeisterung der gesamten Mannschaft spürbar. »Das ganze Team fühlt das Fieber des Abenteuers«, beschreibt Piccard euphorisch die Stimmung. 80 Ingenieure und Techniker haben das solare Meisterstück zustande gebracht. In zahlreichen Testflügen wurde die Funktionalität des Fliegers in verschiedenen Flughöhen getestet. Für Spätaufsteher waren diese Testflüge nicht bestimmt. Report(+)PLUS war bei den beiden letzten Testflügen mit dabei: Start 5.00 Uhr. Der Zeitplan gestaltet sich wegen der Wetterabhängigkeit von Si2 ungenau. »Es kann passieren, dass wir bei einer Station mehrere Tage festsitzen«, erklärt André Borschberg. Außerdem seien noch nicht alle Landegenehmigungen eingeholt, denn Fluggenehmigungen werden von den Flughäfen extrem kurzfristig vergeben. »Das passiert oft erst einen Tag davor«, betont der Si2-Pilot. Die solare Erdumrundung in der Ein-Personen-Maschine selbst soll in 25 Flugtagen vonstatten gehen. Pilotenwechsel ist jeweils an den Zwischenstationen.

Körperliche Herausforderung

Während Sie diesen Bericht lesen, haben die Piloten ihre ersten solaren Nachtflüge bereits hinter sich. Damit verbunden ist eine gewaltige physische Anstrengung. Die Piloten dürfen maximal vier- bis fünfmal am Tag je 20 Minuten schlafen. Allein bei der Querung des pazifischen Ozeans ist der Si2-Pilot vier bis fünf Tage durchgehend unterwegs. »Diese 20 Minuten sind damit begründet, dass das Flugzeug aus flugdynamischen Gründen über keinen klassischen Autopiloten verfügt«, erklärt Ralph Paul, Leiter der Flugdynamik. »Wir wollen uns nicht von GPS abhängig machen, da es nicht in allen Regionen der Welt verlässlich arbeitet. Autopiloten mit höherem Wirkungsgrad haben zudem ein höheres Gewicht.« Daher setzt das Si2-Team auf das Stabilization Augmentation System. Dieses Gerät hält das Flugzeug waagrecht und steuert für eine begrenzte Zeit auf einen eingegebenen Punkt zu. »Für den Notfall haben wir akustische Warnsignale für die Piloten eingerichtet. Außerdem haben sie Vibrationsmanschetten an ihren Oberarmen, die sie bei Gefahr warnen«, informiert Paul. Ablenkung erhält der Pilot durch Musik an Bord sowie durch eine ständige Sprachverbindung zur Überwachungszentrale in Monaco.

Die Si2-Technologie

Von hier aus behält das IT-Team die Kontrolle über Si2. Das Flugzeug ist mit etwa 500 Sensoren bestückt. Das Kommunikationssystem übermittelt mehr als 100 Datenpunkte, von über die Position des Flugzeuges bis zu Akku-Spannung, Stabilität, Wind, Druck und Strömungsverhältnissen. »Si2 ist ein sehr komplexes System«, bringt es André Borschberg auf den Punkt. »Alles ist neu, daher mussten wir alles trainieren und neu erfahren.« Si2 wurde in den Jahren 2011 bis 2014 gebaut. Technologische Herausforderung war v.a. die Bereitstellung der Energie. Die Lösung, an der Schindler, weltweit führend bei Aufzügen und Fahrtreppen, intensiv mitgewirkt hat: 17.248 monokristalline Siliziumzellen auf Flügel, Rumpf und Höhenleitwerk, die untertags Lithium-Polymerakkus aufladen. Gegenüber dem Prototyp Si1 werden die Akkus auch bei der Durchquerung kleiner Wolkenschichten geladen. High-Density-Foam schützt vor extremer Kälte. Die Effizienz der Motoren konnte auf 97 Prozent optimiert werden, u.a. durch eine Neubearbeitung der Magnete und durch eine spezielle Schnittweise der Rotorbleche in besonders dünne Scheiben. Die Aerodynamik wurde durch eine weitere Maximierung der Flügelspannweite auf 72 m maximiert.

Der Weg zum Rekord

Die Si2-Route führt auf 35.000 Kilometern zunächst von Abu Dhabi Richtung Oman, weiter nach Ahmedabad und Varanasi in Indien, Mandalay in Myanmar sowie Chongqing und Nanjing in China. Nach der Überquerung des Pazifiks mit einem Zwischenstop auf Hawaii nimmt Si2 Kurs auf die USA. Auf dem letzten Teil der Reise überquert Si2 den Atlantik und landet entweder in Südeuropa oder Nordafrika, bevor sie Ende Juli/Anfang August 2015 wieder den Ausgangspunkt Abu Dhabi erreicht. Ausschlaggebend für diese Route sind die optimalen solaren Bedingungen. Der Flug findet vor den Monsun-Regenfällen statt, die Tage werden länger, die Nächte kürzer. Borschberg: »Das wirkt sich positiv auf die Solarzellen aus. Der Batteriepuffer wird nicht so schnell leer.«

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