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\"Kein Alleingang der Politik“

Die Definition der Gesellschaft, in der wir leben, verfügt neuerdings über eine äußerst bescheidene Halbwertszeit. So hat der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann treffend angemerkt, dass er bereits in vielen Gesellschaften gelebt hat - im Spätkapitalismus, im Atomzeitalter, in der postindustriellen Gesellschaft und in der Informationsgesellschaft. Aktuell - so der Common Sense bei Politik, Wissenschaft und Wirtschaft - leben wir in der Wissensgesellschaft. Das heißt nichts anderes als dass das intellektuelle Kapital die zentrale Ressource darstellt. Für eine effektive Standortpolitik bedeutet dies Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie eine Stärkung der Innovationskraft. Wien will sich dieser Herausforderung stellen und verpasst sich eine neue Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie. \"Diese neue Initiative ist kein Alleingang der Politik“, erklärt Wirtschafts- und Finanzstadtrat Vizebürgermeister Sepp Rieder. Es handle sich vielmehr um ein Bündnis aus Wirtschaft, Wissenschaft und Stadt Wien. Bis Ende 2007 soll der Strategieplan \"viennovation 2015“ erstellt werden. Ziel ist es, Wien verstärkt als zentraleuropäische Forschungs- und Wissenschaftshauptstadt zu etablieren. Die Forschungsquote soll auf vier Prozent, die Beschäftigtenanzahl im Bereich Forschung und Entwicklung um 25 Prozent gesteigert werden. Zudem soll sich die Akademikerquote auf 20 Prozent steigern und die Zahl der in Forschung und Entwicklung tätigen Unternehmen ebenso verdoppeln wie der Frauenanteil in der betrieblichen Forschung. \"Die Ziele sind ehrgeizig, aber an ihnen wollen wir gemessen werden“, sagt Rieder.
Wissenschaft und Wirtschaft zeigen sich erfreut bis begeistert. Wirtschaftskammer-Präsidentin Brigitte Jank spricht von einer \"sensationellen Initiative“, der Präsident der Industriellenvereinigung Wien Albert Hochleitner erhofft sich \"neue Produkte, Arbeitsplätze und eine Sicherung des Wohlstands“ und Christoph Badelt, Vorsitzender der österreichischen Rektorenkonferenz, versichert die Kooperation der Universitäten. Selbst die Wiener Opposition scheint auf Kurs. Norbert Walter, Landesgeschäftsführer der öVP Wien, begrüßt die Initiative, kritisiert lediglich ihr verspätetes Zustandekommen. Walter verweist auf Oberösterreich, wo bereits im Jahr 1998 das \"Strategische Programm Oö 2000+\" erarbeitet wurde. Dem hält Rieder entgegen, dass \"Wien seit 1997 in einer einzigartigen Technologieoffensive rund 400 Millionen Euro in Technologieprojekte investiert hat“.

Fehlende Strategie
Was bislang gefehlt hat war eine klare Innovationsstrategie. Dies soll sich nun ändern. \"In Zukunft geht es darum, Wiens Initiativen zu verstärken, sie in ihrer Wirkung noch weiter zu fokussieren und Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu noch mehr Qualität und Dynamik zu befähigen“, sagt Rieder. Aus diesem Grund werde sich die Wiener Forschungs-, Technologie und Innovationsstrategie auf vier Aufgaben konzentrieren. Der Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft soll intensiviert und die Forschungsinfrastruktur modernisiert werden. Zudem sollen die Humanressourcen gefördert werden, um hoch qualifizierte Arbeitskräfte an den Standort Wien zu binden und eine Internationalisierung der Wiener Forschungs- und Technologieprojekte betrieben werden.
Entlang dieser vier Kernorientierungen sollen die in Wien ansässigen Forschungseinrichtungen und Unternehmen durch gezielte Maßnahmen unterstützt werden. Die Hauptrollen spielen die vier komplementären Förderinstrumente das ZIT - Zentrum für Innovation und Technologie, der WWTF - Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds, die departure wirtschaft, kunst und kultur gmbh die Förderfonds der Stadt Wien. Getreu dem Motto \"Stärken stärken“ richten sich diese Förderinstrumente an die in Wien bereits vorhandenen Kompetenzfelder (siehe Kasten). Gießkannenprinzip gibt es keines, es herrscht das Prinzip des Wettbewerbs vor.

Wiener Stärkefelder
Wien ist österreichs wichtigster Forschungs- und Innovationsstandort: 31 Prozent der österreichischen Forschungseinheiten sind in Wien beheimatet und knapp 43 Prozent aller in der Forschung Beschäftigten arbeiten in der Bundeshauptstadt. Wien hat das Lissabon-Ziel mit seiner Forschungsquote von 3,1 Prozent bereits überschritten und liegt mit 43 Prozent der in österreich getätigten F&E-Aufwendungen (2,2 Milliarden Euro) weit über dem österreichischen Durchschnitt.
Wien verfügt vor allem über vier forschungs- und innovationsintensive Stärkefelder: Mit 140 Unternehmen und 3.800 Forschenden hat sich Wien zu einem relevanten europäischen Standort für Life Sciences entwickelt. Im IKT-Bereich gibt es 8.000 Firmen mit mehr als 70.000 Beschäftigten. Im Automotive-Sektor spielt Wien mit einem Netzwerk von 120 Firmen in der Vienna Region eine wichtige Rolle in der Region Centrope und hat sich im weltweiten Wettbewerb bereits zur fünftwichtigsten Region in der Autoproduktion entwickelt. Mit einem Beschäftigungswachstum von sechs Prozent setzen auch die über 18.000 Firmen der Wiener Creative Industries Jahr für Jahr ein kräftiges Zeichen.

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