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»Man muss das Problem erkennen, um die richtige Lösung zu finden«

Foto: »Wir garantieren den Erhalt der historischen Substanz, weil wir wissen, was wir tun. Wenn ich an den Pyramiden arbeite, ist kein Platz für Fehler«, erklärt Margit Leidinger. Foto: »Wir garantieren den Erhalt der historischen Substanz, weil wir wissen, was wir tun. Wenn ich an den Pyramiden arbeite, ist kein Platz für Fehler«, erklärt Margit Leidinger.

Die Finalit Komplett-Steinpflege Gmbh mischt bei der Sanierung der ägyptischen Pyramiden ebenso mit wie bei der Akropolis und beim Wiederaufbau von Notre Dame. Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Gründerin und Geschäftsführerin Margit Leidinger über die Kunst der Steinpflege und die Herausforderung, sich als Frau in einer männerdominierten Branche zu behaupten. 

Report: Finalit Stone Care reinigt und pflegt Natursteine. Worauf kommt es bei der Reinigung und Pflege von Natursteinen und historischen Gemäuern besonders an?

Margit Leidinger: Zuallererst geht es um das Erkennen der Problematik. Marmor oder Kalkstein in Innenräumen verliert an Glanz und ist äußeren Einflüssen ausgesetzt, die zu Verätzungen führen könne, etwa durch Rotwein. Auch im Außenbereich gibt es ganz viele verschiedene Ursachen für Verfleckungen. Das alles lässt sich in der Regel gut entfernen, aber um die richtigen Maßnahmen ergreifen zu können, muss man erkennen, was passiert ist. Das ist neben dem Einsatz der richtigen Materialien das Um und Auf.

Report: Unter Ihren Referenzen sind viele historische Bauwerke. Macht es für Sie einen Unterschied, ob ein zu reinigendes Bauwerk ein paar Jahrzehnte oder ein paar Jahrhunderte alt ist?

Leidinger: Auf jeden Fall. Schon aus emotionalen Gründen. Es ist beeindruckend, wenn man im Inneren einer Stufenpyramide steht. Natürlich gibt es auch in der Bearbeitung Unterschiede. Bei einer Pyramide geht es nicht um Reinigung oder Schutz, sondern um Verfestigung und das Stoppen der Abwitterung. Aber im Prinzip sind die Steine gleich alt. Der eine wurde früher verbaut, der andere später.

Report: Die Finalit-Produkte wurden von Ihrem Vater entwickelt. Wie ist es dazu gekommen?

Leidinger: Mein Vater hatte ein großes Steinmetz-Unternehmen mit 120 Verlegern und eigentlich immer schon die Steinpflege mitverkauft. Mit den Produkten am Markt war er aber nicht zufrieden. Deshalb hat er mit einem Freund, der Chemiker bei der UNESCO war, über Versuch und Irrtum die neuen Produkte entwickelt.

Mich hat von Anfang an das Pflegethema mehr interessiert als die klassische Steinmetzarbeit. Das ist wahrscheinliche der frauliche Zugang (lacht). Deshalb hab ich diesen Geschäftszweig dann auch stark ausgebaut.

Report: Was unterscheidet Ihre Produkte und Dienstleistungen vom Mitbewerb?

Leidinger: Unsere Technologie basiert auf Kunststoffpolymeren. Der ursprüngliche Rohstoff kommt vom Kaktus und wird auch von der NASA verwendet. Die Polymere sind atmungsaktiv, nehmen aber kein Wasser auf, ähnlich wie eine Gore-Tex-Jacke. Das ist enorm wichtig, speziell im Außenbereich. Wenn ein Stein mit einer nicht atmungsaktiven Beschichtung überzogen wird und der Untergrund feucht ist, wird die Platte durch die Kräfte, die frei werden, aufgehoben.

Wichtig ist auch, dass wir von der Dienstleistung kommen. Wir fragen nach dem Problem und suchen nach einer Lösung. Der Mitbewerb hat meist keine eigene Produktion und versucht im Handel vorwiegend über den Preis zu verkaufen. Wir sind Problemlöser und garantieren den Erhalt der Steine, weil wir wissen, was wir tun. Das ist auch wichtig, wenn ich an den Pyramiden oder anderen historischen Stätten arbeite. Da ist kein Platz für Fehler.

Report: Wie kommt man als österreichischen Unternehmen dazu, bei der Sanierung der Pyramiden mitzuarbeiten?

Leidinger: Unser erstes großes, internationales Projekt war das Lady-Diana-Denkmal, ein Granitbrunnen in London. Es folgten historische Stätten wie der Petersdom in Rom, die heilige Moschee in Mekka und die Akropolis. Damit haben wir uns einen Namen gemacht und man wird dann auch angefragt.

Report: Soweit ich weiß, verfolgt Finalit die ehrgeizige Vision, »alle Weltkulturerbestätten zu behandeln«. Einige finden sich schon jetzt auf Ihrer Referenzliste. Was fehlt noch bzw. welche Stätte wäre Ihnen persönlich wichtig?

Leidinger: Es gibt drei Objekte, die mir sehr am Herzen liegen. Das eine ist Notre Dame, da sind wir fix mit dabei, kommen mit der Steinpflege aber erst am Ende der Sanierungsarbeiten ins Spiel. Ein echtes Herzensprojekt ist in Santa Cruz in Bolivien. Das ist eine Inka-Weihungsstätte aus Sandstein, die nur noch über Bretter zu begehen ist, so schlecht ist der Zustand. Da war schon alles vereinbart, inklusive Übergabetermin. Unmittelbar vor dem Beginn der Arbeiten kam es zu einem Bauernaufstand in Bolivien und das Projekt hat sich zerschlagen.

Das wäre ein Objekt, das ich sehr gerne machen würde. Ein weiteres Projekt, das mir sehr wichtig ist, ist die Stadt Petra in Jordanien, die zu weiten Teilen einfach aus dem Felsen gemeißelt wurde. Auch da geht es naheliegenderweise um Verfestigung. Das Projekt ist aber noch nicht gestartet.
Ein sehr schönes Projekt, das wir jetzt beginnen, ist das Museum of Islamic Arts in Doha in Katar. Dabei handelt es sich um einen großen Steinquader, der auf einer künstlichen Halbinsel errichtet wurde.

Report: War dieser Fokus auf internationale, historische Stätten von Anfang an geplant?

Leidinger: Eigentlich nicht. Am Anfang war ich viel mit heimischen Architekten in Kontakt. Auch der Vertrieb über Fachmärkte hat gut funktioniert und ich hab schnell festgestellt, dass die Dienstleitung ein interessantes Geschäftsmodell ist. Mit der erfolgreichen Sanierung des Diana-Denkmals 2004 ist es dann sehr schnell gegangen.

Report: Finalit ist in 22 Ländern verfügbar, seit zwei Jahren auch als Franchisemodell. Was waren die Gründe für diese Strategie?

Leidinger: Die Idee war, dass man leichter Partner findet, wenn das Konzept vorgegeben und vorbereitet ist. Für mich ist es auch einfacher, weil man einmal schult und dann läuft es von selbst weiter. Es läuft recht gut. Wir haben in Österreich und Deutschland derzeit 15 Franchisenehmer. Ein Steckenpferd von mir sind Master-Franchisenehmer, die das Franchisesystem für ein ganzes Land übernehmen und Unterlizenzen vergeben. Master gibt es schon in Tschechien und der Slowakei, der nächste kommt in Norwegen. In Verhandlungen stehen wir aktuell mit Italien, Spanien und Serbien. Das ist aber wegen Corona gerade schwierig. Mitten in der Krise geht niemand in ein Franchise.

Report: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Geschäftsführerinnen sind speziell in der Baubranche immer noch selten. Haben Sie persönlich Erfahrungen mit Situationen gemacht, wo das Geschlecht eine Rolle gespielt hat? In welche Richtung auch immer.

Leidinger: Speziell am Anfang schon. Mit Stöckelschuhen geht man ohnehin nur einmal auf eine Baustelle (lacht). Aber die ersten Jahre waren schon extrem schwierig, weil man einfach nicht ernst genommen wird. Ich hatte immer den Eindruck, dass ich doppelt und dreifach beweisen musste, dass ich technisch bewandert bin. Ich war bei Baubesprechungen, bei denen es um mein Gewerk ging, aber keiner hat mit mir geredet. Irgendwann hat sich das aber gedreht und dann hat man als Frau in einer Männerdomäne schon auch Vorteile. Heute fühle ich mich extrem wohl in der Branche und geschätzt für das, was ich kann.

Report: Muss sich das jede Frau in der Branche immer wieder aufs Neue selbst erarbeiten oder wird die Branche offener, weniger vorurteilsbehaftet?

Leidinger: Ich denke schon, dass sich Frauen immer noch stark beweisen müssen. Dennoch werden Frauen in männerdominierten Berufen mehr und damit auch sichtbarer. Vielleicht kommt es doch noch zu einem Umdenken. Wichtig wäre es aus meiner Sicht.

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