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Feuer in Zug

Pyrolyseschwel-, Flüssigkeits-, Polyurethan- und Baumwoll-Glimmschwelbrand waren nur einige der Tests im großen Brandraum im Siemens Fire-Lab. Im Gaslabor werden Brandgas-Cocktails mit bis zu 16 unterschiedlichen Gasen getestet. Pyrolyseschwel-, Flüssigkeits-, Polyurethan- und Baumwoll-Glimmschwelbrand waren nur einige der Tests im großen Brandraum im Siemens Fire-Lab. Im Gaslabor werden Brandgas-Cocktails mit bis zu 16 unterschiedlichen Gasen getestet. Foto: Siemens

Der Bau & Immobilien Report hat einen Blick hinter die Kulissen der modernen Brandlaboratorien von Siemens im schweizerischen Zug geworfen.

Brand, Vandalismus und Einbruch sind einige der möglichen Gefahren, die das menschliche Wohl, Vermögenswerte und Geschäftsabläufe gefährden. Dem Thema Brand hat sich Siemens mit einem Trainingscampus am Standort der internationalen Zentrale der Division Building Technologies in Zug in der Schweiz verschrieben. In mehreren Laboratorien wird an der optimalen Brandprävention gearbeitet – von der sicheren Detektion bis zur schnellen Signalverarbeitung und Steuerung.

In Zug werden wissenschaftliche Tests zur Entwicklung neuer Brandmelder durchgeführt. Brandmelde-, Alarmierungs-, Sprachalarm- und Löschsysteme werden aufeinander abgestimmt, Brandschutzsysteme mit Managementsystemen in ein größeres Sicherheitskonzept mit Intrusionsschutz, Zutrittskontrolle und Videosystemen integriert, Echtalarm ist realisierbar.

Brand-Landschaft
Wirksamer Brandschutz beginnt damit, Brände möglichst früh zu erkennen und zuverlässig Alarm zu schlagen. Die meisten Großfeuer entstehen aus Schwelbränden. Diese entwickeln zunächst wenig Rauch und werden von manchen Brandmeldern erst spät registriert. Problematisch sind auch Systeme, die bei Dampf aus einer Dusche oder Rauch bei Schweißarbeiten einen Fehlalarm auslösen. In Zug führt Siemens daher in seinen Brandlabors mehrere tausend Versuche jährlich durch. Viele davon werden mehrfach wiederholt, um die unterschiedlichen Normen und Standards und die verschiedenen Testbedingungen zu erfüllen und eine außergewöhnliche Zuverlässigkeit der Brandmelder zu erreichen.

Neu entwickelte Melder erfordern zahlreiche Tests, ebenso wie neue Detektionsalgorithmen, neue Sensorelemente bzw. andere Kunststoffe für die Optik-Kammer eines Melders. Wesentlich sind auch das betroffene Material sowie der Brandort. Verbrannt oder verglimmt werden Holz, Kunststoffe, Flüssigkeiten, Textilien, Kabel und Papier in unterschiedlichen Verläufen. Als Ort werden Tunnel, Rechenzentren oder etwa der Küchenherd simuliert. Diese Tests dienen dazu, die Produkte und deren Design ebenso wie die Algorithmen zu entwickeln, die einen Brand erkennen und melden oder aber von einer Störgröße unterscheiden. Störgrößen sind Staub, Dampf, Schweißarbeiten, Nebel oder Abgase von Motoren, sie müssen korrekt erkannt und von Feueralarm-Kriterien unterschieden werden.

Fire-Lab
Kern im Fire-Lab ist ein massiver Betonquader mit einem nutzbaren Rauminhalt von 500 m³ und einer Höhe von acht Metern. An der Decke finden sich Messgeräte wie Lichtschranken zur Messung der Lichttrübung, eine Ionisationsmesskammer zur Messung der Rauchpartikel in der Luft und Temperaturfühler. Damit die Brandversuche unter stets gleichen Umgebungsbedingungen durchgeführt werden können, wird die Luft gefiltert zu- und abgeführt. Der Raum ist luftdicht. In Wände, Boden und Decke sind Wasserrohre eingebaut, die die Oberflächen auf einer Referenztemperatur von 21,0 Grad Celsius halten. Damit werden Oberflächentemperaturen verhindert, die im Brandraum unerwünschte Luftströmungen verursachen würden. Ergänzt wird der große Brandraum durch einen kleineren, 30 m³ umfassenden Raum, in dem Brandversuche bei Anfangstemperaturen von -30°C bis zu +70°C durchgeführt werden können. Ebenso angrenzend: hochspezialisierte Labors, in denen an einzelnen Brandkriterien wie Rauch, Wärme, Gas oder Optik geforscht wird.

Labor-Umgebung
Im Optik-Labor wird die Sensorik der Brandmelder weiterentwickelt und überprüft. Zentrale Eigenschaften sind hier Abstrahlcharakteristik, Wellenlänge, Streuwinkel und Polarisation. Thema des Rauch- und Aerosol-Labors sind Störgrößen wie Dampf, Abgase und Staub. Im thermischen Labor ist u.a. ein Wärmekanal eingebaut, der bis 110 Grad aufgeheizt werden kann und das Temperaturverhalten der Melder misst. Je nach Überschreiten eines vorgegebenen Temperaturgradienten (zwischen 0.2°C/Minute bis zu 30°C/Minute) alarmieren die Melder sofort oder spätestens bei 80°C . Der typische Luftstrom beträgt 0,8 m/sek. Im Gaslabor werden bis zu 16 unterschiedliche Gase zum Qualifizieren neuartiger Sensoren aufbereitet. Im MegaFoot-Lab werden schließlich Netzwerke getestet. Die Installation ist so konzipiert, dass verschiedene Netzwerktopologien konfiguriert und mit bis zu 32.000 simulierten Branddetektoren bestückt werden können. Dies ermöglicht die Prüfung der Kommunikation zwischen den Brandmeldezentralen wie auch zu den Managementstationen. Neben Langzeitklimastresstests mit erhöhter Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden mechanische Tests wie ein Vibrationstest oder die Prüfung auf Schlag- und Schockresistenz durchgeführt.

Brand aus
In Rechenzentren werden heute enorme Mengen an Daten gespeichert und verarbeitet. Oberstes Gebot ist daher, die Geschäftskontinuität zu schützen – bei einem Brandfall im Rechenzentrum bzw. Serverraum zählt jede Sekunde. In einem Serverraum sollte nicht mit Wasser gelöscht werden, sondern mit einer Gaslöschanlage. Diese flutet den Raum innerhalb von Sekunden mit einem natürlichen oder chemischen Gas. Der Brand wird so rasch gelöscht. Vor einigen Jahren verdichteten sich in der Brandschutzindus­trie die Hinweise, dass Festplatten und Speichersysteme durch den Löschvorgang von automatischen Gaslöschanlagen beeinträchtigt werden können. Siemens hat dieses Problem analysiert und festgestellt, dass der Lärm während der Flutung die Festplatten stört. Ab 100 Dezibel beginnt­ die Leistungsfähigkeit einer Festplatte einzubrechen. Mit der »Sinorix Silent Extinguishing Technology« hat Siemens eine Lösung entwickelt, mit der Festplatten wirkungsvoll vor Störungen geschützt werden. Herkömmliche Löschanlagen erreichen zum Teil einen Wert von bis zu 130 Dezibel. Herzstück ist die »Sinorix Silent Nozzle«. Der Geräuschpegel bleibt auf einem niedrigen Niveau, die Löschmittelverteilung wird nicht beeinträchtigt. Zudem werden der Gasausstoß und somit der Schall in eine vordefinierte Richtung gelenkt. Die Lärmentwicklung während der Flutung des Raums mit Gas hängt allerdings von vielen Faktoren ab: Erst die optimale Platzierung der Düse im Raum, die hydraulische Auslegung der Löschanlage, die risikogerechte Flutungszeit sowie die bauliche Raumakustik führen zu einem optimalen Resultat.

Im Headquarter der Division Building Technologies in Zug hat sich Siemens der optimalen Brandprävention verschrieben.

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