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Die Leiden der Kleinen

Klein- und Mittelbetriebe sind das Fundament der heimischen Wirtschaft, heißt es. 306.400 Betriebe oder 99,7 Prozent aller Unternehmen in österreich sind KMU. Sie beschäftigen mehr als 1,3 Millionen Mitarbeiter und erzielen Umsatzerlöse in der Höhe von 288 Milliarden Euro. Doch das Fundament scheint zu bröckeln. Laut KMU Forschung Austria arbeiten 46 Prozent der heimischen Klein- und Mittelbetriebe mit Verlust. Nur 24 Prozent der heimischen KMU erwirtschaften mehr als fünf Prozent vom Umsatz an Gewinn, zwölf Prozent können auf einen Gewinn von 2,5 bis fünf Prozent verweisen. Bei 18 Prozent liegt der Gewinn unter 2,5 Prozent. Die durchschnittliche Umsatzrentabilität liegt bei mageren 2,1 Prozent. »Ein funktionierender Betrieb muss zumindest drei Prozent vom Umsatz als Gewinn erwirtschaften, weil sonst die Inflation und die Ertragssteuer nichts mehr übriglassen«, erklärt Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria. Diese 3-Prozent-Hürde nimmt nur knapp ein Drittel der heimischen KMU. Für den großen Rest wird jeder Tag zum überlebenskampf - nicht immer mit Happy End. Im Jahr 2006 verzeichnete der österreichische Kreditschutzverband KSV 6.707 Insolvenzanträge, in den ersten drei Quartalen 2007 waren es über 4.800 Anträge. Beinahe 100 Prozent der Insolvenzen betreffen KMU.
Vor allem die ersten fünf Jahre nach der Unternehmensgründung sind heikel. Ein Viertel bis ein Drittel aller Neugründungen erlebt den fünften Geburtstag nicht. Josef Mugler, Institutsvorstand des Instituts für BWL der Klein- und Mittelbetriebe an der WU Wien, spricht vom verflixten dritten Jahr: »Statistisch betrachtet ist das dritte Jahr am gefährlichsten.« Die Gründe für den oftmals holprigen Start von Unternehmen sieht Mugler in der schwierigen Phase der Positionierung eines neuen Unternehmens auf dem Markt, der in der Regel suboptimalen Gründungsgröße und dem Verzehr der anfänglichen Ressourcen.
Insgesamt werden jedes Jahr knapp zwei Prozent der österreichischen Unternehmen insolvent. Mehr als die Hälfte der Insolvenzanträge muss mangels Masse abgewiesen werden. Es liegt der Verdacht nahe, dass der Weg zum Konkursrichter oftmals zu spät erfolgt. Warum das so ist, erklärt Hans-Georg Kantner, Leiter KSV Insolvenz: »Der Konkurs gilt in österreich immer noch etwas sehr Schmachvolles. Ein Unternehmer in Konkurs wird fast als Aussätziger behandelt.« Zu Unrecht, wie Kantner findet, denn nur in sieben Prozent der Insolvenzverfahren sind betrügerische Handlungen im Spiel. 93 Prozent der insolventen Unternehmen kommen durch Ungeschicklichkeit, mangelnde Flexibilität oder andere wirtschaftliche Unbilden in die missliche Situation, nicht mehr alle Schulden zahlen zu können.
Oft bleibt den Unternehmern aber auch gar nichts anderes übrig, als ihren Betrieb auf Gedeih und Verderben weiterzuführen - einfach weil die Perspektiven fehlen. Laut Mugler tritt dieses Phänomen vor allem zu Beginn und am Ende der unternehmerischen Tätigkeit auf. »Viele Ein-Personen-Unternehmen sind aus der Arbeitslosigkeit heraus geboren.« Ohne die unternehmerische Tätigkeit gäbe es gar keine Beschäftigung. ähnlich perspektivlos kann sich die Situation auch am anderer Ende der Skala darstellen. »Was hat ein Gemischtwarenhändler, der kurz vor der Pension steht, denn für Alternativen?«

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